In Bayern wurde vor 500 Jahren das Reinheitsgebot erlassen, das bis heute gilt. Vor allem in Oberfranken wird noch in vielen kleinen Brauereien traditionell gebraut. Eine Bierreise.

Bamberg - Hans-Ludwig Straub ist Bierbrauer mit Leib und Seele, und wenn er im Sudhaus seines kleinen Familienbetriebs in Memmelsdorf steht, fängt er schnell an zu schwärmen: „Bier, das nach dem bayerischen Reinheitsgebot gebraut wird, ist das gesündeste Getränk der Welt!“, sagt er und zeigt auf das Kühlschiff, eine große Kupferwanne, in die nur die Zutaten kommen, die Wilhelm IV., Herzog von Bayern, am 23. April 1516 fürs Bierbrauen genehmigte: Wasser, Hopfen und Malz. Allerdings braucht es auch noch Hefe, damit daraus Bier entstehen kann. Aber das wussten die Hochwohlgeborenen noch nicht. Obwohl die Hefe auch damals schon am Gären war. Sie kam aus der Luft in den Sud, vor allem in der Nähe von Backstuben. Erst mit dem Deutschen Reinheitsgebot, das ab 1906 in ganz Deutschland galt, wurde Hefe als vierte Zutat der Bierherstellung aufgenommen.

 


Bier darf in Deutschland bis heute nur aus vier Zutaten bestehen

Mit dem herzoglichen Erlass vor 500 Jahren endete eine elende Panscherei, denn nicht selten mischten die Brauer Russ, Stechapfel, Tollkirsche und andere Scheußlichkeiten in die Brühe, um Farbe oder Geschmack zu verbessern und den Gewinn zu erhöhen. Da Bier über Jahrhunderte ein wichtiges Nahrungsmittel für Kinder und Erwachsene war, entstand der erste Verbraucherschutz. So kam es, dass Bier in Deutschland bis heute nur aus vier Zutaten bestehen darf und das Prädikat „gebraut nach dem Deutschen Reinheitsgebot“ in der ganzen Welt einen sauberen Klang hat. „Deshalb“, sagt Hans-Ludwig Straub, „bin ich ein energischer Verfechter des Reinheitsgebotes.“ Wenn der Seniorchef der Drei-Kronen-Brauerei Besucher durch seine Anlage führt, wird schnell klar, wie aufwendig und anspruchsvoll es ist, aus nur vier Zutaten nach alter Väter Sitte ein wohlschmeckendes Getränk herzustellen. Wer bei der Arbeit schludert, bei dem sind Hopfen und Malz verloren. Schneller und billiger geht Bierbrauen vollautomatisch und mit chemischen Hilfsmitteln, wie es in internationalen Konzernen längst praktiziert wird.


Die Drei-Kronen-Brauerei ist ein typischer oberfränkischer Familienbetrieb. Meist über Generationen wird für einen regionalen Stammkundenkreis ein spezielles Bier gebraut, nur im eigenen Brauereigasthof ausgeschenkt und verkauft oder in Gasthöfen der Region. Das verpflichtet zu Qualität, denn Brauer und Kunde kennen sich. Bei Straubs übernimmt bald die nächste Generation den Betrieb, Tochter Isabella ist Braumeisterin und hat sich einen Namen über Memmelsdorf hinaus gemacht. Sie hat mit anderen Braumeisterinnen das erste Bier „von Frauen für Frauen“ kreiert und vermarktet es sehr erfolgreich als „Holladiebierfee“ in einer dekorativen Champagnerflasche mit echtem Korkverschluss und originellem Etikett. Die Flasche steht bereits neben historischen Bouteillen im Fränkischen Brauereimuseum in Bamberg auf dem Michaelsberg.


Bamberg trägt bereits den Titel „Unesco Weltkulturerbe“

In den Gewölben der einstigen Klosterbrauerei sind unzählige historische Gerätschaften der Bierbrauer ausgestellt, auch die Bierherstellung und die Geschichte des 6000 Jahre alten Getränks werden erzählt. Das Museum ist eine Station der Bamberger Bierschmecker-Tour, die Gästen einen Einblick in die lange Tradition der Stadt gewähren soll. Bamberg trägt bereits den Titel „Unesco Weltkulturerbe“, hat aber auch das Zeug, zur Welthauptstadt des Bieres gekürt zu werden. Zwischen sieben Hügeln liegen nicht nur 50 Kirchen und eine intakte Altstadt, sondern auch zehn Brauereien im Stadtgebiet und weitere 80 im Landkreis. Hier arbeiten noch zwei große Mälzereien und die älteste Brauereimaschinenfabrik der Welt. Dazu passt, dass im Staatsarchiv eine Urkunde gefunden wurde, die belegt, dass bereits 27 Jahre vor dem Bayerischen Reinheitsgebot in Bamberg eine „Umgeldordnung“ erlassen wurde, die „nichts mere denn Malz, Hopfen und Wasser“ für das Brauen von Bier erlaubte. Im Stadtteil Wunderburg liegt Hopfengeruch in der Luft.


Abseits der Touristenströme versorgen gleich zwei Brauereien in Nachbarschaft ihre Kundschaft ab 9 Uhr morgens mit einem „Seidla“, einem halben Liter Bier: Keesmann, bekannt für sein Pils, und Mahr’s Bräu für ein süffiges Ungespundetes. Wer einen Krug des hefetrüben Lagerbieres bestellt, ruft kurz „a U“ und kann die inzwischen geschützte Marke im Biergarten bei Bamberger Kartoffelsuppe oder „Schäufala“ oder in der historischen Gaststube genießen. Auch die Gaststätte Schlenkerla in der Nähe des Doms beeindruckt mit historischen Gemäuern und deftig-fränkischer Küche. Gezapft wird vom Holzfass ohne Leitung und Zapfanlage. Hier sitzen Touristen und versuchen sich an ihrem ersten Rauchbier, aber auch Bamberger Honoratioren zum Frühschoppen oder Mittagessen. Wie bunt und vielfältig die Welt des Bieres ist, vermittelt Markus Raupach in der Deutschen Bierakademie in Bamberg.


Raupach, Gründer der Bierakademie, Biersommelier und Autor verschiedener Bierbücher, kramt unterhaltsame Bier-Anekdoten aus den Geschichtsbüchern wie die vom Bamberger Bierkrieg, bei dem die Bürger 1907 einer Preiserhöhung der Brauer mit einem Bierstreik begegneten - und Erfolg hatten. Eine sportlichere Art, Bier zu verkosten und verschiedene Biersorten kennenzulernen, ist das Bierwandern. Dazu lädt die Gemeinde Aufseß in der Fränkischen Schweiz ein, wo einer der ersten Bierwanderwege entstanden ist, der Brauereienweg. Die Gemeinde hat zudem einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde, aufgrund der größten Brauereidichte weltweit: Auf etwa 1500 Menschen kommen vier Brauereien. Das lockt vor allem Männergruppen auf den 14 Kilometer langen Wanderweg, der am Oberlauf des Flüsschens Aufseß entlangführt. Sogar die Pilger werden in Franken mit einem himmlischen Bier belohnt. Im Wallfahrtsort Gößweinstein wird im Schatten der gewaltigen Basilika ein Wallfahrtsbier ausgeschenkt - natürlich nach dem Deutschen Reinheitsgebot gebraut.

Infos zu Franken

Franken

Anreise

Bamberg liegt an der ICE-Strecke München-Nürnberg-Berlin.
Mit dem Zug in drei bis vier Stunden von Stuttgart: www.bahn.de .
Mit dem Auto auf der A 73 Nürnberg-Bamberg-Coburg oder auf der Maintalautobahn A 70 Schweinfurt-Bayreuth.


Unterkunft

Hotel Gasthof Drei Kronen in Memmelsdorf, DZ ab 94 Euro, www.drei-kronen.de .
Hotel Nepomuk in Bamberg, DZ ab 130 Euro, www.hotel-nepomuk.de .
Brauereigasthöfe stehen in der Broschüre „Private Braugasthöfe und Hotels“: www.braugasthoefe.com


Tipp

„Auf den Keller gehen“ heißt der Biergartenbesuch der Lagerkeller in Bamberg. Besonders schön: der Spezial-Keller ( www.spezialkeller.de ).
Bierkennertouren und Bierseminare der Deutschen Bierakademie: www.bierakademie.net


Allgemeine Infos

Zur Bambergcard und Bierschmecker-Tour bei der Tourist-Info Bamberg, Tel. 09 51 / 2 97 62 00, www.bamberg.info
Zu Bierwanderungen bei der Tourismuszentrale Fränkische Schweiz, Tel. 0 91 91 / 86 10 54, www.fraenkische-schweiz.com und www.aufsess.de