Geschmackstest beim Bummel über die Weihnachtsmärkte in Oberfranken: Welche Bratwurst hat den besten Biss, ist herzhaft und delikat zugleich?

Bayreuth - Die Bratwurst und der Weihnachtsmarkt, die gehören zusammen wie die Karibik und die Palmen. Also nicht lange fackeln und rein damit, schmecken ja eh alle mehr oder weniger gleich. Oh nein, das ist ein Irrtum. Das kann man mit Fug und Recht behaupten, wenn man ausgezogen ist, die beste Bratwurst in Oberfranken zu finden. Die Bayreuther, Kulmbacher und Coburger eignen sich dafür bestens zum Test. Drei Würste aus Kleinstädten mit hübschem, altem Kern und funkelndem Vorweihnachtszauber, die an einem Wochenende ohne Stress gut zu besuchen sind - natürlich nicht nur um der Wurst willen. Die Nürnberger bleiben diesmal bewusst außen vor, die kommen aus Mittelfranken und wären allein schon von Bekanntheitsgrad und Historie her unschlagbar. Aber auch in Bayreuth gibt es einen Christkindlesmarkt mit echtem Christkind. Das ist blond, blauäugig, trägt ein goldenes Gewand mit Flügeln und Skiunterwäsche drunter.

 

Es hat in Bayreuth allerdings keinen Thron, sondern eine Art Hochsitz mit Tannenzweigen drum herum in luftiger Höh’ neben dem riesigen Weihnachtsbaum. Dort steht das Christkind natürlich nicht immer, sondern mischt sich ab und an unter die Besucher, liest den Kindern vor, verteilt kleine Geschenke. „Das macht mir Spaß, und es ist mir eine Ehre, dass ich ausgewählt wurde. Vor Weihnachten herrscht hier in der Stadt immer eine ganz besonders schöne Stimmung“, sagt es und strahlt. Kein Wunder, vor dieser prächtigen Kulisse mit den beleuchteten Häusern und der barocken Spitalkirche, rund um den Neptunbrunnen am Markt. Würste gibt es ein paar Schritte weiter, im Winterdorf, einer kultigen Partymeile aus überdachten Holzständen.

„Unser Signal. Das beruhigt die Bürger“

Dort geht es ein bisschen zu wie beim Après-Ski, mit Live-Musik, Schlagern und Hits aus den Charts. Ah! Und plötzlich zieht einem dieser unverkennbare Duft in die Nase. Er gehört zur Bayreuther. Etwa 20 Zentimeter lang, zeigefingerdick, kross gebraten oben und unten, doch seitlich mit weißem Streifen. Mit Senf und als Pärchen kommt sie ins Brötchen. Ist gut zu essen ohne Maulsperre, eher weich im Biss. Und zurückhaltend gewürzt, fein und elegant im Geschmack. Ein Genuss. Da werden es die Kulmbacher schwer haben. Aber vor der Wurstprobe empfängt die Besucher am nächsten Tag der Nachtwächter. Ein langhaariger Gesell wie aus dem Mittelalter, mit Filzhut, wärmendem Umhang, Bundhosen, Stangenbeil und Horn. Dem entlockt er Töne wie ein röhrender Hirsch. „Unser Signal. Das beruhigt die Bürger,“ erklärt der Mann, der im wirklichen Leben Stadtarchivar ist und Erich Olbrich heißt.

Er führt durch das schmucke Fachwerkörtchen und nimmt seine Gäste mit in eine Zeit, als es in Kulmbach noch das Bürgerloch gab, einen Arrestturm, in dem Bäcker eingesperrt wurden, die zu kleine Brötchen buken, als im alten Badhaus der Bader noch die Hübschlerinnen vermittelte, weil die armen Männer angeblich 200 Tage im Jahr nicht zu ihren Frauen ins Bett durften, als im Festungsberg der Plassenburg noch die „Schwarze Frau“ herumgeisterte. Danach muss aber jetzt wirklich eine Wurst her! Die Kulmbacher also: Auch dünn und fein, nicht ganz so weich, locker und elegant, aber gut im Biss, dazu ist sie saftig und kräftiger gewürzt. Und dann haben die Kulmbacher ja auch noch den Bratwurststollen erfunden, eine längliche Semmel mit Anis bestreut, das gibt dem Wurstgenuss noch eine ganz eigenwillige Note. Was können die Coburger da noch dagegenhalten? Sie bringen es schon mal auf eine stattliche Länge von 31 Zentimetern.

Die Rezeptur stammt aus dem 15. Jahrhundert

Das Bratwurstmaß hält angeblich der Stadtpatron in der Hand, der als Statue über der Uhr des wunderbaren Rathauses thront. Es ist der heilige Mauritius, ein Mohr mit Creole im Ohr, den die Einheimischen deshalb voll Inbrunst „Bratwurstmännle“ nennen. Auch wenn der Stab in Wirklichkeit der Feldherrnstab ist. Wohlriechende Rauchwolken ziehen zu ihm hinauf. Denn der Weihnachtsmarkt befindet sich genau darunter, auf dem heimeligen historischen Marktplatz, umstanden von bunten Rokoko-Fassaden, der alten Apotheke, dem ehemaligen herzoglichen Kanzleigebäude. Daneben brutzelt Claudia Hartan an ihrem Stand. Eine Fachfrau. „Die Rezeptur stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die Original Coburger Bratwurst wird nicht vorgebrüht, sie kommt roh auf den Rost und muss noch am selben Tag verarbeitet werden.“

Ist sie besser als die Nürnberger? „Nun“, beginnt die Wurstbraterin diplomatisch, „Unsere Wurst ist etwas grober, besteht aus Schwein und Rind, kein Majoran kommt hinein, nur Salz und Pfeffer, vielleicht noch etwas Muskat. Und wir grillen sie auf offenem Feuer auf Kiefernzapfen, das macht sie dunkler und aromatischer,“ sagt sie und hantiert geschickt mit langen Spießen. Die fränkischen Würste seien so verschieden wie Obst, erklärt Frau Hartan, schneidet energisch ein halbes Doppelbrötchen auf, nicht in horizontaler, sondern in vertikaler Richtung, legt eine Wurst hinein, das Stück für zwei Euro. Man solle sie doch mal ohne Senf kosten, da sei der Geschmack puristischer.

Infos zu Oberfranken

Anreise
Von Stuttgart über die Autobahn nach Heilbronn und Würzburg. Von dort auf die A 7 bis Schweinfurt. Nehmen Sie hinter Schweinfurt die Ausfahrt Schonungen und fahren Sie auf die B 303 bis Coburg. Die Zugstrecke führt über Würzburg und Bamberg. Die Fahrt dauert ca. viereinhalb Stunden, www.bahn.de

Weihnachtsmärkte mit fränkischer Wurst
Der Bayreuther Christkindlesmarkt dauert bis zum 23. Dezember, montags bis samstags von 10 bis 19.30 Uhr, sonntags von 11 bis 19.30 Uhr geöffnet, das Winterdorf am Ehrenhof hat bis 23 Uhr geöffnet, schön sind die kostenlosen Orgelkonzerte an jedem Adventssamstag um 12 Uhr, www.bayreuth.de

Kulmbacher Nachtwächterführungen jeden letzten Samstag im Monat, Erwachsene 3 Euro, Beginn an der Stadthalle um 20 Uhr, www.kulmbach.de

Auf dem Gelände der alten Mönchshofbrauerei mit Brauerei- und Bäckermuseum ist nur am 14. Dezember Weihnachtsmarkt und Tag der offenen Tür, www.kulmbacher-moenchshof.de

Der Coburger Weihnachtsmarkt ist bis 23. Dezember, täglich jeweils von 11 bis 20 Uhr, Speisen und Getränkestände bis 21.30 Uhr geöffnet, www.coburger-weihnachtsland.de

Unbedingt sehenswert ist Schloss Ehrenberg, man fühlt sich so, als seien die Markgrafen gerade mal außer Haus, www.schloss-ehrenburg.de