Ländliches Idyll und maritimes Flair - die Ostseeinsel Fehmarn kombiniert beides zu einem prima Urlaubsmix. Und der gefällt auch im Herbst.

Burg - „Hunde sind im Hafengebiet kurz anzuleinen!“ Aha! Aber wie kurz darf’s denn sein? Eine Minute, fünf oder vielleicht zehn? Mit zwei Meter Leine, vier oder acht? Und während die Betrachter noch an der Auflösung knobeln, erschrecken bereits die nächsten Folterinstrumente des amtsdeutschen Irrsinns: Da ist die Rede von „Zwangsspuren“, von „Zuwegungen“ und vom „ausnahmslos nicht gestatteten achsweisen Wägen“.

 

Da verwirrt am U-Boot-Museum der Hinweis, dass Münzen für den Eingang im Museum getauscht werden können, um gleich darauf die verblüffende Pointe zu setzen, dass es sich um ein bargeldloses Münzsystem handelt. Alles in allem - die Aufzählung ist beileibe nicht komplett - eine Häufung von skurrilem Schilderwahn, der unweigerlich die Frage provoziert: Haben die auf Fehmarn einen an der Waffel? Haben sie natürlich nicht. Jedenfalls nicht mehr als anderswo. Was sie aber garantiert haben, ist ein von der Sonne mit 2200 Stunden im Jahr verwöhntes Inselchen, das deutschlandweit diesbezüglich kaum Konkurrenz zu fürchten hat.

Ein Eiland, über das konstant kräftige Winde wehen, wovon Segler, Surfer und Kiter gar nicht genug bekommen können, und das so platt ist wie eine Flunder, was wiederum Radlern, Reitern und Wanderern gefällt. Im Frühjahr ist Fehmarn mit leuchtendem Raps und im Sommer mit wogenden Getreidefeldern übersät. 42 klitzekleine Dörfer hat die Insel, von denen ist keines weiter als fünf Kilometer von der Ostsee und ihren langen Stränden entfernt, außerdem sechs Häfen und sechs Hofcafés sowie jeweils fünf Kirchen und Leuchttürme, von denen einer, nämlich der in Flügge, auch Besuchern offen steht.

Ein irdisches Paradies mit Küstenbildung

All das gäbe es womöglich gar nicht ohne die merkwürdige doppelseitige Madonna in der Backsteinkirche St. Petri. 1420 bewahrte sie der Legende nach die Insulaner vor der Ausrottung durch Dänenkönig Erich, der auf grausamem Rachefeldzug gegen die Fehmaraner nicht mal Frauen und Kinder verschonte. Als er mordlüstern auch in die Kirche eindrang, soll die Madonna heftig zu bluten begonnen haben.

Dieses Wunder brachte den Wüterich zur Besinnung; erschrocken hielt er inne und befahl das Ende des Gemetzels. Knapp 500 Jahre später machte der berühmte Expressionist Ernst-Ludwig Kirchner Fehmarn zum zeitweiligen Mittelpunkt seines Lebens und künstlerischen Arbeitens. In vier Sommern malte Kirchner in einem wahren Schaffensrausch 120 Ölgemälde - ein Zehntel seines Lebenswerks - und setzte „seinem irdischen Paradies mit wundervoller Küstenbildung, wo ich die letzte Einheit von Mensch und Natur erlebte“, mit Pinsel und Farbe ein stilistisch unverwechselbares und bildschönes Denkmal für die Ewigkeit.

An Kirchners Lieblingsplätzen, vor allem rund um den Leuchtturm Staberhuk am südöstlichen Inselzipfel, ist auch Joachim Fritz häufig zu Gange. Wie das große Vorbild hält er die landschaftliche Schönheit der Insel in Ölgemälden und Aquarellen fest, die er im kleinsten Atelier der Insel malt und gleich vor Ort an die Kundschaft bringt. Dabei profitiert der Künstler enorm von der Nachbarschaft mit dem populären Hofcafé Albertsdorf, dessen Chefin Annabell Rahlff-Mackeprang über die Grenzen Fehmarns hinaus bekannt ist für ihre grandiosen Torten- und Schokoladenkreationen.

„Kunst in Bildern und Kunst in Backwerk“, sinniert Fritz, „das ist schon eine tolle Symbiose.“ Produkte von - ohne Übertreibung - Weltklasse entstehen auch in der kleinen Burger Manufaktur von Bernie Hiss. Der ehemalige Surfprofi, der sich mit 14 sein erstes Brett im Keller schnitt, ist nicht nur begeisterter Lenkdrachensurfer, einer relativ jungen Trendsportart, auch Kitesurfen oder Kiteboarden genannt. Mit einer Handvoll Experten produziert der smarte Lockenkopf so etwas wie die Ferraris unter den Brettern, die den Kitern die Welt bedeuten - extrem feste und trotzdem federleichte Kiteboards, die mittlerweile in 45 Ländern als Nonplusultra der Szene gehandelt werden.

Beate Burow schafft es im doppelten Sinn spielerisch

Eine Spezialistin ganz anderer Art ist Beate Burow vom Umweltrat der Insel. Wie kaum jemand sonst kennt sich die studierte Geologin aus mit den Steinen und Gesteinen der Ostsee. Zweimal wöchentlich lässt sie Gäste auf Strandführungen teilhaben an ihrem umfangreichen Wissen über Granite, Porphyre, Sand- und Feuersteine, Seeigel, Donnerkeile, Bernsteine und was sonst noch so immer wieder angespült wird an den Küsten und Stränden.

Dabei geht es keineswegs wissenschaftlich knochentrocken zur Sache: Beate Burow schafft es im doppelten Sinn spielerisch, Kinder wie Erwachsene gleichermaßen für die harte Materie zu begeistern - wenn sie zum Beispiel demonstriert, wie die Löcher in die Hühnergötter genannten Steine kommen oder sich ausgiebig auslässt etwa über Klofenster- und Leberwurststeine.

Der vielleicht größte Natur-Schatz Fehmarns liegt jedoch im Inselwesten. Unweit des quasi heiligen Bodens, auf dem Gitarrengott Jimi Hendrix im September des Jahres 1970 das letzte Konzert vor seinem frühen Tod gab, können Besucher eine der ökologisch wertvollsten Regionen Norddeutschlands auf besonders schonende Weise erleben. „Wir haben hier im Nabu-Wasservogelreservat Wallnau das Zoo-Prinzip einfach umgekehrt und nicht die Tiere eingesperrt“, erklärt Vize-Chefin Nikola Vagt. Damit die Besucher der vielfältigen Vogelwelt des Reservates trotzdem unbemerkt ziemlich nah kommen können, gibt es hölzerne Beobachtungshütten mit Ausguckschlitzen.

Auf diese Weise lassen sich Seeschwalben, Strandläufer, Rotschenkel, Rohrdommeln, Rothalstaucher, Kiebitze, Säbelschnäbler, Kampfläufer, Sandregenpfeifer, Bachstelzen, diverse Enten-, Gänse- und Möwenarten, aber auch verschiedene Amphibien, Libellen und Schmetterlinge in ihren natürlichen Lebensräumen beobachten. Mehr als 270 Vogelarten konnten bislang in Wallnau nachgewiesen werden. Ein Besuch in dem Reservat ist daher ein Naturerlebnis von besonderer Güte, aber auch von existenzieller Notwendigkeit, wie Nikola Vagt nachdrücklich betont: „Denn hier haben wir es mit größtenteils aussterbenden Arten zu tun.“

Infos zu Fehmarn

Anreise
Mit dem Pkw über Autobahn A 1 und Fehmarnsundbrücke; mit der Bahn alle zwei Stunden ab Hamburg nach Fehmarn-Burg, www.bahn.de.

Bürgerbus: Flexibel und preiswert kommt man auf Fehmarn mit dem Bürgerbus vorwärts. Nach dem Motto „Bürger fahren für Bürger“ bietet der Verein Bürgerbus Fehmarn Touren zu Zielen wie z. B. dem Nabu-Wasservogelreservat Wallnau an, www.buergerbus-fehmarn.de

Sport
Fehmarn ist ein ideales Ziel für ambitionierte Wassersportler. Die Insel verfügt über einen 18-Loch-Golfplatz sowie viele Rad- und Wanderwege, einen Hochseilgarten sowie Europas höchste künstliche Kletteranlage, www.siloclimbing.com

Allgemeine Informationen
Tourismus-Service Fehmarn, Telefon 04 37 / 15 06 - 300, www.fehmarn.de

Unterkunft
85 Prozent aller Übernachtungen auf Fehmarn werden auf den 16 Campingplätzen und in Ferienwohnungen verbracht. Hotels: Strandhotel Bene, DZ/F ab 122 Euro, www.bene-fehmarn.de ; Wissers Hotel, DZ ab 98 Euro, www.wissers-hotel.de ; Hotel Hasselbarth, DZ ab 100 Euro, www.hotel-hasselbarth.de

Sehenswert/Ausflüge
Ernst Ludwig Kirchner: Der Ernst-Ludwig-Kirchner-Verein präsentiert in der Kirchner-Dokumentation

Zeugnisse von Kirchners künstlerischem Schaffen auf Fehmarn: Reproduktionen der wichtigsten Bilder in Originalgröße, historische Fotografien, Reproduktionen von Skizzenblättern und Lebensdaten. Auf Kirchners Spuren kann man sich außerdem zu Fuß oder mit dem Rad auf vier verschiedene Touren begeben, www.kirchnervereinfehmarn.de

Wallnau-Wasservogelreservat: Besucherbereich ganzjährig, Infozentrum von März bis Oktober geöffnet; Führungen täglich 11, 13 und 15 Uhr; Eintritt 7 Euro, www.nabu-wallnau.de