Der Pfälzer Weinsteig ist in zehn Tagen geschafft, der Autor auch. Aber Indianer kennen keinen Schmerz .

Annweiler - Lederstrumpf war Pfälzer. Die Edenkobener haben ihn in Erz gegossen. Da steht er nun mit Fellmütze und Waschbärschwanz. Aus seiner langen Büchse plätschert Brunnenwasser. Daneben kauert Indianerhäuptling Chingachgook. Vergessen sind mit einem Mal die brennenden Füße. Indianer in der Pfalz? James Fenimore Cooper - so die Inschrift - hat mit Nattie Bumppo alias Lederstrumpf den Edenkobener Johann Adam Hartmann dargestellt. Der war mit 16 ausgebüxt nach Amerika und hatte im Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten gedient. Das will erst mal verdaut sein. Einen Schuss Exotik erwartet man, einen Hauch von Trentino und Tessin. Und in der Tat: In jedem Dorf am Weg wachsen Feigen, an Wegrainen reifen Mandeln. Aus der Hitze üppiger Traubenspaliere taucht man in kühle Wälder voller Esskastanien. Das Harz der roten Fichten duftet nach Weihrauch. Trockene Tannennadeln dämpfen den Schritt. Als ob die Füße in weichen Mokassins und nicht in derben Stiefeln stecken.

 

 In Annweiler gibt es das billigste Eis der Tour

Man muss kein Pfadfinder sein, um Kurs zu halten. Der Weinsteig ist noch jung, frisch glänzt die weiß-rote Markierung. Jede Etappe zieht hinauf in die Wälder der Hardt. Über Kapellen und Aussichtstürme zu bizarren Ruinen auf kühnen Felsen. Nachmittags geht’s dann schonend bergab. Hinaus in einen der blitzsauberen Winzerorte der westlichen Rheinebene. Zu Fuß waren hier schon andere unterwegs. Die Tritte am Teufelstein haben Germanen geschlagen. Römische Legionäre brachen am „Kriemhildenstuhl“ Steine für ihr Castrum Mogontiatum, das heutige Mainz. Und Kelten waren es, die bei Bad Dürkheim einen gigantischen Ringwall auftürmten. Diese „Heidenmauer“ hat J. F. Cooper - er schon wieder - bei einer Kur in der Pfalz mit einem Roman verklärt. Die Stunde Aufstieg von Annweiler ist ein Klacks gegen die Reisen der Staufer nach Sizilien und Jerusalem. Und einiges schwerer als der Rucksack wog das Lösegeld, das Heinrich VI. von seiner Geisel Richard Löwenherz erpresste: Der englische König musste 23 Tonnen Silber auf die Goldwaage legen! Apropos Geld: In Annweiler gibt es das billigste Eis der Tour. 50 Cent die Kugel voll sahniger Süße. Überhaupt das Essen: Die groben Bratwürste sind mit Pfeffer und Macisblüte gewürzt, die lockeren Leberknödel mit der Gabel teilbar. Das Sauerkraut schmeckt wie frisch vom Hobel, und der Saumagen variiert je nach Hausrezept von super bis superb.

Ein „Schiefer Sack“ vereint Knödel, Wurst und Kraut, und auf dem „Pfälzer Teller“ häuft sich für rund zehn Euro das komplette Angebot der regionalen Küche. Der Hunger überfällt einen erst am Nachmittag. Aber der Durst, dieser Teufel, meldet sich schon lang zuvor. Zum Glück hat der Pfälzer den Schoppen erfunden. Nein, das ist kein Viertel wie im Rest der Welt, das ist ein halber Liter Wein! Die Madenburg ist eine der größten Burgen im Land. Wie alle wehrhaften Gemäuer der Pfalz wurde auch sie von allerlei Kriegen gebeutelt. Angezündet von den Bauern, zerschossen im Dreißigjährigen Krieg, geschleift von den Franzosen. Voll erhalten ist das Panorama. Schier endlos ziehen sich die grünen Spaliere zum Rhein. Dahinter die blauen Ketten von Odenwald und Nordschwarzwald, rechts die Vogesen. Am Deutschen Weintor in Schweigen ist Endstation. Die Füße sind eingelaufen, der Rucksack drückt nicht mehr. Zehn Tage zwischen Wald und Reben - sie machen gelassen. Gelassen wie die letzten Mohikaner.