Meist werden in Stuttgart Musicals gespielt, die zuvor in Hamburg waren: Mit „Anastasia“ wird am 15. November eine echte Deutschland-Premiere gefeiert. Judith Caspari hat sich am Mittwoch im Marmorsaal im Weißenburgpark überzeugend als Darstellerin der Titelrolle vorgestellt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In München hat die Stage Entertainment mit dem Musical „Fack Ju Göhte“ gerade einen Flop gelandet. Die Show, die auf den Kinoerfolg basiert, wird nach zweijähriger Entwicklungs- und nur achtmonatiger Spielzeit bereits im Herbst abgesetzt. Jetzt ruhen die Hoffnungen des Marktführers auf Stuttgart. Im Palladium-Theater hebt sich am 15. November der Vorhang für eine Show, die seit anderthalb Jahren am Broadway zu den Musicalhits zählt.

 

Anastasia“, daran glaubt Jürgen Marx, der für den Süden zuständige Gebietsdirektor der Stage, nach einer Markterhebung in Baden-Württemberg fest, wird das Publikum am Standort auf den Fildern begeistern. „Wir haben den Befragten verschiedene Stoffe genannt“, so Marx, „und die überwiegende Mehrheit wollte die Geschichte um den Mythos der Zarentochter sehen.“

Klassisches Ballett im Musical

Die aus Amsterdam angereiste Regisseurin Carline Brouwer kann gut verstehen, warum „Anastasia“ eine große Vorfreude auslöst. „Dieses Musical ist so reich“, schwärmte sie im Marmorsaal im Weißenburgpark bei der Präsentation, „da steckt so viel drin – Komödie, klassisches Ballett, das leichte Leben von Paris, die russische Revolution.“ Die Emotionen würden einen „mitreißen“.

In einen wahren Begeisterungssturm geriet die Regisseurin, als sie nach den Vorzügen der Hauptdarstellerin gefragt worden ist. Die 1994 in Kassel geborene Judith Caspari, die in Essen Operngesang studiert, habe schon bei den Auditions „ein Geheimnis“ ausgestrahlt – passend zu der Geschichte um die Zarentochter, die ihre Erinnerung verloren hat. „Judith singt so ehrlich und so authentisch, dass man eine Gänsehaut bekommt“, schwärmte Carline Brouwer.

Die Hochgelobte, die sich auf die erste Hauptrolle ihres Lebens freut, trug zwei Lieder aus „Anastasia“ vor. Bei „Im Dezember vor Jahren“ und „Reise durch die Zeit“ konnte die 24-Jährige ihr Können ausspielen – ihre klare und eindringliche Stimme sowie ihren geheimnisvollen Blick, der Rätsel aufgeben soll. Als Ort der Pressekonferenz hat die Stage Entertainment den 1912 erbauten Marmorsaal gewählt, weil er die Zeit widerspiegelt, in der das Musical spielt. Stuttgart ist die Stadt, in der einst die Zarentochter Olga viel Gutes getan hat.

Musical basiert auf den Zeichentrickfilm von 1997

Judith Caspari berichtete, dass sie vor einem halben Jahr in Stuttgart ihren Freund besucht habe, der hier gearbeitet hat. Da habe sie erfahren, dass „Anastasia“ nach Deutschland komme. „Mein Freund meinte, das ist was für dich“, sagte die Studentin des Operngesangs. Die Rolle reize sie, weil es nicht um die übliche Prinzessinnengeschichte gehe, „sondern um eine junge Frau, die nach ihrer Identität sucht“. Der Weg sei mühsam, doch sie kämpfe sich „durch emotionale Höhen und Tiefen“. Im Oktober wird Judith Caspari nach Stuttgart ziehen und ist jetzt schon begeistert „von der hohen Theaterdichte in dieser Kulturstadt“.

Der 1997 erschienene Zeichentrickfilm „Anastasia“ war der erste Film, den Judith Caspari im Kino anschauen durfte. Der Legende nach soll die Zarentochter als einziges Mitglied ihrer Familie die russische Revolution überlebt haben. „Schon als Kind hat mich dieses Geschichte fasziniert“, sagte die neue Hauptdarstellerin und strahlte.