Deutschland Strahlende Zukunft

Das Kernkraftwerk Kalkar am Niederrhein wurde in einen Freizeitpark namens „Wunderland“ umgewandelt. Heute spielen und lachen hier Kinder.
Kalkar - Kinderlachen schallt von den Wänden im Innern des stillgelegten Kühlturms. Eine Klingel ertönt, dann schraubt sich ein Karussell vom Boden empor bis über die obere Öffnung des Turms. Den Blick auf die Landschaft des Niederrheins genießen einige Fahrgäste besonders. In den 70er Jahren standen sie dort unten auf den Feldern, hielten Protestplakate in den Händen und sangen Lieder wie „Hejo! Leistet Widerstand, gegen die Atomkraft hier im Land. Schließt euch fest zusammen.“ Zehntausende demonstrierten gegen den Bau des Schnellen Natriumgekühlten Reaktors (SNR 300) und die geplante, hochriskante Umwandlung von Uran in Plutonium. An einer Scheune im Kalkarer Ortsteil Hönnepel sind die Parolen noch zu lesen: „Stop Kalkar!“, „Wir wollen leben“.
1985 wurde das Kraftwerk fertiggestellt, ging aber nie ans Netz. 1991 verkündete Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) das Aus für die sieben Milliarden Mark teure Anlage. Was tun mit einem ausrangierten Kernkraftwerk? Die Frage wird in Deutschland durch den beschlossenen Atomausstieg noch häufig auftauchen. In Kalkar boten die Betreiber die Anlage per Zeitungsannonce zum Verkauf, bewarben den Standort mit der Nähe zur Autobahn und dem Anschluss ans Hochspannungsnetz. Es gab Pläne, aus dem Meiler eine Dachziegelfabrik zu machen, Lagerhallen oder ein Mahnmal für verfehlte Energiepolitik. Ein Abriss schien zu teuer. Dann kam der Niederländer Hennie van der Most. 1975 begann der pfiffige Unternehmer im Alter von 25 Jahren mit einem Alteisenhandel, heute verwandelt er ausgediente Industrie- und Militäranlagen in Freizeitparks.
Knapp die Hälfte der Gäste stammen aus den Niederlanden
So machte er einen stillgelegten Luftwaffenstützpunkt im niedersächsischen Wangerland zur „Nordsee Spielstadt“. Den „Schnellen Brüter“ gestaltete van der Most zum „Wunderland Kalkar“ um. Die früheren Verwaltungsgebäude sind nun Kern eines Hotelkomplexes mit 1000 Betten. Im Büfett-Restaurant speist man zwischen ägyptischen Figuren. In der unterirdischen Kneipenstraße ziehen an Wochenenden Kegelvereine, Seniorenclubs und Gruppen, die Junggesellenabschied feiern, vom Westernsaloon über die Schiffsbar zur Holländischen Kneipe. Knapp die Hälfte der Gäste stammen aus den Niederlanden.
Den Lieben daheim bringt man den Korn Reaktorgeist aus dem Souvenirshop mit. Im Kongresszentrum nebenan sind die Tagungsräume nach Atomkraftwerken benannt: Krümmel, Biblis, Philippsburg. Kinder strömen in „Kernie’s Familienpark“, wo es Pommes statt Plutonium gibt und die Fritten im Eintrittspreis enthalten sind - sowie der Verzehr von Eis und Limonade. Das Parkmaskottchen Kernie ist ein lurchähnlicher, orangefarbener Atomarbeiter mit blauer Latzhose und Mütze. Schon von weitem zieht der Kühlturm alle Blicke auf sich. Seine Außenseite mit der aufgemalten Bergkulisse dient als Kletterwand. Merkwürdig wirken die grauen Felsen und schneebedeckten Gipfel auf dem platten Land am Niederrhein. Dazu das Kettenkarussell, das alle fünf Minuten wie ein rotierender Propeller aus der oberen Turmöffnung herausgefahren kommt. Rund um den Kühlturm drehen sich Dutzende Fahrgeschäfte.
Ein Riesenrad dreht auf dem Dach der ehemaligen Notstromhalle
Kinder sitzen in riesigen Teetassen und lassen sich um eine Kanne wirbeln oder reiten auf „fliegenden Elefanten“. Pappkulissen in knalligen Farben und schrille Figuren bilden eine künstliche Welt, die krass mit der grauen Tristesse der Reaktorgebäude kontrastiert. Ein Riesenrad dreht auf dem Dach der ehemaligen Notstromhalle seine Runden. In der Halle befindet sich das „Brütermuseum“. Die Architektur ist eine Mischung aus Bunker und Raumschiff Enterprise mit breiten Korridoren, grellen Richtungspfeilen, Gittern, Alarmlämpchen, kolossalen Toren und Rohren. Unter den Exponaten ist das Modell eines Plutonium-Brennelements. Die Originale produzierte die zur Firma Siemens gehörende Alkem (Alpha-Chemie und Metallurgie) in Hanau, östlich von Frankfurt.
Die dortige Fabrik wurde mittlerweile ebenfalls stillgelegt und steht auch auf der Liste der größten Investitionsruinen Deutschlands. Kalkar hat einen enormen Standortvorteil: Die Anlage ist frei von Radioaktivität. Obwohl alles voll funktionsfähig war, wurde dort nie Atomstrom produziert. Der Spaßpark im einstigen Kernkraftwerk wird also ein skurriler Einzelfall bleiben.
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