Die Klemm 25 ist das drittältestes noch fliegende Flugzeug Deutschlands. Sie befindet sich im Besitz der Stadt Böblingen und feiert am kommenden Samstag ihren 90. Geburtstag. Der rüstige Oldtimer fliegt noch immer durch die Lüfte – auch dank der Pflege einiger Enthusiasten.
An diesem Samstag wird auf dem Flugplatz Eutingen im Gäu (Kreis Freudenstadt) ein außergewöhnliches Jubiläum gefeiert: Die Klemm 25, das fliegende Industriedenkmal der Stadt Böblingen, wird 90 Jahre alt. Bei einem Fliegertreffen zu ihren Ehren steht das drittälteste noch flugfähige Flugzeug im deutschen Register im Mittelpunkt. Das erste Klemm-Treffen seit 2018 soll auch an die lange Geschichte eines Flugzeugs erinnern, das wie kein anderes für die Luftfahrttradition Böblingens steht und den Namen seines Erbauers bis heute in die Lüfte trägt.
Der Ingenieur Hanns Klemm hatte die Entwicklung der Leichtflugzeuge in Deutschland maßgeblich geprägt. 1885 in Stuttgart geboren verfolgte Klemm das Ziel, besonders leichte, aerodynamische Flugzeuge zu bauen. Sein Konzept war simpel, aber revolutionär: Kleine, sparsame Motoren sollten die Maschinen antreiben und so auch der breiten Masse den Zugang zur Fliegerei ermöglichen. Dies gelang ihm mit der Gründung der Klemm-Leichtflugzeugbau GmbH in Böblingen.
Größter Arbeitgeber in Böblingen
Klemms Flugzeuge waren nicht nur innovativ, sondern auch erfolgreich. Vor allem durch Rekordflüge berühmter Pilotinnen wie Elly Beinhorn und Marga von Etzdorf erlangten sie internationale Bekanntheit. In den 1930er-Jahren war Klemms Unternehmen der größte Arbeitgeber in Böblingen, seine Maschinen gewannen zahlreiche Wettbewerbe. Doch die Erfolgsgeschichte des Flugzeug-Ingenieurs erfuhr eine deutliche Zäsur: Während des Zweiten Weltkriegs enteigneten ihn die Nationalsozialisten, er wurde eingesperrt und zum Tode verurteilt. Nur das Kriegsende verhinderte die Vollstreckung des Urteils.
Sein Erbe lebt weiter: Die Klemm 25 mit der Werknummer 798, am 4. September 1934 erstmals zugelassen und mit dem Kennzeichen D-ELAH versehen, erhebt sich auch heute noch in die Lüfte. Ausgerüstet mit einem Hirth R-Motor, der 85 PS leistet – eine Motorleistung, die auch heute noch im Leichtflugzeugbau üblich ist – wurde sie aus Sperrholz und Stoffbespannung gebaut und mit Klemm-Leim verbunden. Das Flugzeug stand damals für den Fortschritt im Flugzeugbau und wurde von vielen Piloten geschätzt.
Zunächst flog die Klemm 25 in Kempten und ging später 1938 an die Shell-Werksfliegerschule in Hamburg. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Flugzeug am 4. September 1939 stillgelegt. Der Motor erhielt eine Grundüberholung, das Flugzeug wurde eingelagert und überstand den Krieg unversehrt. Nach dem Krieg übernahm eine Haltergemeinschaft des Luftsportverbandes Bonn das Flugzeug. 1980 wurde die Maschine mit dem Phönix-Diplom ausgezeichnet, das die Fédération Aéronautique Internationale jährlich für den am besten erhaltenen Oldtimer verleiht.
Trotz der Auszeichnungen und der intensiven Pflege war absehbar, dass irgendwann eine umfassende Restaurierung der Klemm 25 notwendig werden würde. Nachdem das Flugzeug mehrere Jahrzehnte in Göppingen stationiert war, entschloss man sich, es 1985 an die Stadt Böblingen zu übergeben. Diese lagerte es ein und stellte es gelegentlich aus, doch der Zahn der Zeit nagte an der Maschine. 2008 schließlich begann die Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der Luftsportgemeinschaft Hanns Klemm Böblingen (LSG), die die Zukunft der Klemm 25 sicherstellen sollte. Denn die alte Dame sollte wieder abheben.
Motorengebrumm als „Ohrenschmaus“
Seit 2009 befindet sich das Flugzeug in der Obhut der LSG, die es mit viel Leidenschaft restaurierte. Der Förderverein Historische Flugzeuge im Kreis Böblingen sorgt für die finanzielle Unterstützung, insbesondere für die Wartung des seltenen Hirth-Motors. 2013, nach einer aufwendigen Restaurierung, hob die Klemm 25 erstmals wieder ab. Testpilot Klaus Plasa beschrieb den Klang des Motors damals als „Ohrenschmaus“ – ein Moment, der alle Beteiligten für die jahrelange Arbeit an dem Oldtimer belohnte.
Heute, 90 Jahre nach ihrer Erstzulassung, ist die Klemm 25 kein Museumsstück, das verstaubt. Dank der LSG Hanns Klemm und der finanziellen Unterstützung des Fördervereins ist das Flugzeug noch immer flugtauglich und wird regelmäßig geflogen. Der Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne) und Kulturamtsleiter Sven Reisch lobten kürzlich den außergewöhnlichen Zustand der Maschine und dankten dem Verein für sein Engagement – sie durften sich sogar selbst bei einem Testflug davon überzeugen.
Meilenstein des Flugzeugbaus
„Es ist uns eine Ehre, die Klemm 25 in einem so flugfähigen Zustand zu halten“, sagt Patrick Lacarak, stellvertretender Vorsitzender der LSG. „So hätte es sich auch Hanns Klemm vermutlich gewünscht.“ Mit ihren 90 Jahren sei die Klemm 25 nicht nur ein technischer Meilenstein und ein Zeugnis für die Innovationskraft des deutschen Flugzeugbaus. Sie sei außerdem ein Symbol für das Engagement und die Leidenschaft jener, die sich für den Erhalt historischer Flugzeuge einsetzen, so der Vorsitzende.
Mit ihr bleibe das Erbe von Hanns Klemm lebendig – nicht nur auf dem Boden, sondern auch in der Luft.
Maultaschen-Fly-in und Flughafen-Jubiläum
Geburtstagsfeier
Die Luftsportgemeinschaft Hanns Klemm lädt zum 90. Geburtstag ihrer Klemm 25 während des normalen Flugbetriebs ein.
Flugplatz Eutingen
Auf ihrem Heimatflughafen in Eutingen im Gäu steigt die Geburtstagsfeier von 10 bis 20 Uhr am Samstag, den 14. September.
Programm
Die Piloten des Vereins stellen die Klemm 25 und weitere Klemm-Flugzeuge vor und singen der Jubilarin ein Ständchen. Außerdem berichten sie von einer weiteren Restauration, der Klemm Kl 107 C.
Maultaschen
Namensgebend für diesen Tag sind die Maultaschen-Spezialitäten, die an diesem Tag verköstigt werden – auch vegetarisch.
100 Jahre Flughafen Stuttgart
Auf der 100-Jahr-Feier des Stuttgarter Flughafens von 19. bis 22. September wird die Klemm 25 ebenfalls zugegen sein. Denn die Anfänge des Flughafens liegen in Böblingen, wo der zivile Flugbetrieb von 1925 bis 1939 begann. cb/jps