Die nüchterne Debatte steht derzeit nicht hoch im Kurs. Stattdessen triumphiert Rechthaberei und moralischer Rigorismus. So ist das nicht nur im Fall Mesut Özil, kommentiert Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin/Stuttgart - Kurze Frage vorab: Haben sich jetzt wirklich alle zum Schicksal des Fußballers Mesut Özil geäußert? Die seit einer Woche andauernde Allerweltsdebatte verlief tagelang ja nach dem bekannten Muster: Es ist zwar alles schon gesagt, aber nicht von jedem. Sie veranschaulicht zudem eine Unsitte, welche die Politische Kultur schon geraume Zeit verdorben hat. Allenfalls eine Minderheit ist noch bereit (und im Stande) zu differenzieren. Ansonsten wird Özil entweder als Mustermigrant und Rassismusopfer glorifiziert oder als Fußballversager und Vaterlandsverräter angeprangert. Der Ton schwingt zwischen Heiligsprechung und Verdammnis. Keine dieser Schablonen wird der Wirklichkeit gerecht.