Deutschlands womöglich größter Blumenautomat steht im Industiegebiet von Plattenhardt. Der Valentinstag gilt als Stoßtag vor den 75 Fächern.

Der Mann, der ein dunkles Auto mit Reutlinger Kennzeichen fährt, ist offenbar keiner von denen, die dem Gärtnereibesitzer Roland Pflieger regelmäßig berichten: „Ihr Automat hat meine Ehe gerettet!“ Denn dieser Autofahrer gibt als Grund, weshalb er im Industriegebiet von Plattenhardt das Häuschen mit den vielen Fächern betritt, an: „Ich habe meine Frau lieb!“ Er sagt, er würde seiner Gattin regelmäßig Sträuße in dem Häuschen kaufen, das Schilder draußen als „Deutschlands größter Blumenautomat“ bezeichnen.

 

Er hätte auch nichts dagegen, von Menschen an einer Theke Blumen zu kaufen, bekundet der Mann, der in der Nähe arbeitet. Aber an der Wand des Automatenhäuschens hängt ein Zettel, der unter der Überschrift „Fachkräftemangel“ besagt, dass die Gärtnerei Roland Pflieger ihre Öffnungszeiten „bedauerlicherweise“ deutlich verkürzt hat: Am Wochenanfang ist nur noch bis Mittag offen, am Mittwoch bleibt der Laden ganz geschlossen, aber der Blumenautomat ist 24 Stunden täglich in Betrieb.

Mehrmals am Tag wird aufgefüllt

Also hält der Mann aus dem dunklen Auto seine EC-Karte ans Bezahl-Terminal, er drückt ein paar Nummernknöpfe und gleich darauf öffnet sich die Tür von Fach Nummer 25. Der Mann holt einen lila-weißen Blumenstrauß für 23 Euro heraus, stellt den Eimer wie empfohlen ins Fach zurück und lässt die Tüte mit den Gummibärchen dort liegen. Am Valentinstag vergesse er meistens, an Blumen zu denken, sagt er und fährt davon.

Farbenpracht für 50 Euro

Der Valentinstag sei ein Stoßtag für die Gärtnerei, steht auf dem Zettel – so wie Weihnachten. An Stoßtagen wird empfohlen, „frühzeitig vorzubestellen“. Auch an seinem Automaten, der im Jahr 2005 mit 18 Fächern eröffnet wurde, sei zu klassischen Blumenkauf-Anlässen wie dem Muttertag besonders viel los, sagt Roland Pflieger. Selbstverständlich reiche es da nicht, die mittlerweile 75 Fächer – manche von ihnen enthalten Geschenkartikel – einmal am Tag zu befüllen. „Vier bis fünf Mal am Tag“ müssten er und seine Mitarbeiter auch an Feiertagen das Automatenhäuschen betreten, um nach dem Rechten zu sehen und Fächer fachgerecht bestücken. Denn „Tanke-Sträuße möchten wir nicht“, sagt Pflieger. Er verkaufe „floristisch gebundene Sträuße“. Die günstigsten kann man für rund 20 Euro aus den Fächern befreien; für 50 Euro – die Obergrenze – spuckt der Automat bei Bedarf florale Farbenpracht aus.

Kurz nachdem der Mann mit Reutlinger Kennzeichen weggefahren ist, verlässt im Regen ein anderer Mann sein Auto mit Esslinger Kennzeichen, um das Häuschen mit dem Blumenautomaten zu betreten, der Pfliegers Internetrecherchen zufolge der größte seiner Art in Deutschland ist. Einige Fächer sind schon geleert, schöne Sträuße für wenig Geld gibt es an diesem frühen Montagabend nicht mehr besonders viele. Eine Minute, nachdem er das Häuschen betreten hat, sitzt der Mann blumenlos wieder in seinem Auto. Niemand ist beleidigt, weil keiner da ist, der beleidigt sein könnte. Wobei der Zettel an der Wand insinuiert, dass persönlicher Verkauf vom Besitzer eigentlich bevorzugt würde: „Unser 90. Jubiläumsjahr haben wir uns auch anders vorgestellt.“