Der TSV Münchingen richtet den Mädchenfußballtag für den Bezirk Enz-Murr aus. Auf dem Platz wollen die Jugendspielerinnen des gastgebenden Vereins zahlreiche zum Schnuppern eingeladene Mädchen für ihre Sportart begeistern.

Münchingen - Mit Stollenschuhe, Stulpen und strammen Waden laufen und dribbeln viele junge Beine den Lederbällen auf dem Kunstrasenplatz des TSV München hinterher. Die wehenden Pferdeschwänze machen den kleinen Unterschied. Auf dem Platz kämpfen die Jugendspielerinnen des gastgebenden Vereins und zahlreiche zum Schnuppern eingeladene Mädchen beim Turnier und Probetraining um den Lederball, der, nicht nur für viele Jungs, die Welt bedeutet.

 

„Der Mädchenfußball geht zurück“, bedauert Alexander Horvarth, der Koordinator des Mädchenfußballs und Co-Trainer der B-Juniorinnen des TSV Münchingen. Als Ursache macht er das Überangebot in der Freizeit der Kinder aus. „Die Mädchen, die ich habe, spielen oft noch Handball und machen Leichtathletik oder lernen ein Instrument. Bei denen, die ins Gymnasium gehen, wird es echt eng mit einem Hobby“, beobachtet der Trainer und Vater einer fußballbegeisterten Tochter den Trend, sich nicht mehr auf eine Freizeitaktivität festlegen und zweimal die Woche zum Training kommen zu wollen. Auch kämen die Mädchen heute nicht mehr vom Bolzplatz, wo früher viele Talente ihre ersten Dribbelversuche zwischen Jungs gemacht hätten, so Horvarth.

Auf den Biertischen am Vereinsheim liegen zerstreut Autogrammkarten von Steffi Jones, der 111-maligen Nationalspielerin und von 2016 bis 2018 Bundestrainerin. „Idole aus der erfolgsverwöhnten Frauennationalmannschaft pflegen die Mädchen keine“, beobachtet Alexander Horvarth im Training. Eher sieht man sie mal mit einem Vereinstrikot kommen. Frauenfußball sei nicht präsent und eher nur eine Randnotiz in der Gesellschaft. Dass er nicht so anerkannt ist, sei schade, findet der Mädchentrainer, denn es sei auch hier schon wichtig, rechtzeitig den Sprung zu schaffen, wenn man hochklassig und erfolgreich spielen wolle. Das geschehe bei den talentierten Spielerinnen immer noch häufig über Jungenmannschaften.

Ganz so eng sieht Bettina Grausam das nicht. Ihre Tochter Lara ist von Münchingen zu den B-Juniorinnen der TSG Hoffenheim gewechselt. Die Siebzehnjährige hält mittlerweile beim Zweitligisten im Frauenteam das Tor sauber. Es sei hilfreich mit Jungs zu spielen aber nicht zwingend notwendig, um eine gute Fußballerin zu werden, ist die Mutter der TSG-Torhüterin überzeugt.

Für Sina Frey, Mutter einer TSV-Nachwuchsspielerin, ist Fußball auch nach dem Ende der eigenen Aktivzeit noch immer ein sehr schöner Sport. „Es ist ein toller Mannschaftssport, bei dem es immer um das Spiel geht“, sagt sie. „Zu meiner Zeit gab es für Mädchen nur eine B-Jugend und da mussten alle spielen, egal wie alt sie waren. Danach ging es unmittelbar zu den Damen. Das war schon spannend“, erinnert sich Frey an die eigene Fußballzeit. Sie ist der Überzeugung: „Fleiß schlägt Begabung.“

Am Rande des Spielfeldes beobachten auch Anja Fuchs, in der Geschäftsstelle des Württembergischen Fußballverbandes für den Frauen- und Mädchenfußball verantwortlich und die Beisitzerin im Bezirksjugendausschuss des Enz-Murr-Kreises, Alexandra Jeutter, die Mädchen beim Spiel. Die demografische Entwicklung treffe Jungs und Mädchen nach dem Boom durch die Weltmeisterschaft gleichermaßen. Im Mädchenbereich falle der Rückgang einfach schneller auf. Auch sie sehen im großen Freizeitangebot eine große Konkurrenz für den Ballsport. Außerdem seien Kinder heute weniger bereit, sich sportlich zu betätigen. Hier aber sei die Ganztagsschule Konkurrenz und Chance zugleich.

„Als Verein muss man versuchen, ein Bein in die Ganztagsschule zu bringen. Fußball ist nicht mehr der Selbstläufer von früher“, beobachtet auch Alexandra Jeutter. Bis dahin wirbt der Deutsche Fußball-Bund weiter an jedem ersten Juli-Wochenende um die Gunst von Mädchen. Fünf Mädchen haben bei Alexander Horvarth derweil ihr Interesse am Fußballtraining bekundet. „Das wäre schon gut, wenn ein paar hängenbleiben“, wünscht er sich.