Der Ulmer Marcus Sorg spricht im Interview von seiner Beförderung vom Coach der deutschen U 19 zum Assistenztrainer des Fußball-Weltmeisters. „Wenn dich der Bundestrainer anspricht, dann kann es doch nur eine Antwort geben“, sagt der 50-Jährige.

In dem Leverkusener Jonathan Tah ist ein neuer Spieler bei der Nationalmannschaft dabei – und in Marcus Sorg ein neuer Trainer. Als weiterer Assistent von Joachim Löw soll der Ulmer die DFB-Auswahl auf die EM vorbereiten.
Herr Sorg, wie groß empfinden Sie den Karrieresprung vom U-19-Trainer zum Assistenztrainer beim Weltmeisterteam?
Es wäre auch eine große Herausforderung gewesen, im Sommer mit der U 19 eine EM im eigenen Land zu spielen. Andererseits ist es natürlich so: wenn dich der Bundestrainer anspricht, dann kann es doch nur eine Antwort geben.
Sie mussten also nicht lange überlegen.
Nein. Diese Möglichkeit muss man wahrnehmen. Ich empfinde es als großen Vertrauensbeweis, dass mir diese Aufgabe übertragen wurde. Mit Thomas Schneider und Andy Köpke werde ich mich gut ergänzen, gemeinsam werden wir unseren Teil dazu beitragen, dass sich Jogi Löw auf seine wesentlichen Aufgaben als Bundestrainer konzentrieren kann.
Wie schwer ist es, sich in so einer Mannschaft zu integrieren, die seit Jahren fest zusammen ist und Großes erreicht hat?
Ich tue mich sicher leichter als jemand, der von außen gekommen wäre. Unter Leitung unseres Sportdirektors Hansi Flick haben wir eine gemeinsame Spielauffassung entwickelt, die von der U 15 bis zur A-Mannschaft gilt. Ich kenne also die Abläufe, die Konzepte, die handelnden Personen bis hin zum Team hinter dem Team. Vom ersten Tag an hat mich jeder offen empfangen.
Auch die Spieler? Sie haben es nicht mehr mit Talenten zu tun, sondern mit Superstars.
Sie sind überragende Fußballer und hochprofessionell – und gleichzeitig sehr umgänglich. Mit ihnen kann man hervorragend arbeiten. Das ist entscheidend.
Viel Zeit bleibt nicht. Beim nächsten Wiedersehen steht schon die EM vor der Tür.
Ich fange ja nicht bei null an. Einige Spieler kenne ich aus den U-Teams. Die gemeinsamen Trainingseinheiten, die ersten Gespräche mit den Spielern, das ist wertvoll. In den nächsten Wochen werde ich Kontakt halten und die Spieler in ihren Vereinen beobachten. Und wenn Ende Mai die Vorbereitung startet, sind wir im Idealfall insgesamt sieben Wochen lang täglich zusammen.
Sie sind vorerst nur bis zum Ende der EM engagiert worden. Bleibt es dabei, dass Sie in der neuen Saison die U 21 übernehmen? Oder wollen Sie länger beim A-Team bleiben?
Diese Frage stellt sich jetzt doch gar nicht. Es geht aktuell einzig und allein darum, die Mannschaft optimal auf die EM vorzubereiten. Ein Turnier stellt immer eine Zäsur dar. Bei der A-Mannschaft steht die EM im Fokus, bei Horst Hrubesch und der U 21 das olympische Fußballturnier.
Reizt es einen überhaupt noch, bei einem Verein zu arbeiten, wenn man einen Job an entscheidender Stelle in der Nationalelf hat?
Wenn ich im Fußball eines gelernt habe, dann das: man sollte nie zu weit in die Zukunft blicken. Im Moment ist es aber tatsächlich so, dass ich mich beim DFB perfekt aufgehoben fühle und an nichts anderes denke. Das Arbeitsumfeld, der Anspruch an die Trainer und vor allem die Sozialkompetenz der Leute – all das ist überragend und sehr wertvoll.
Und der Druck dürfte auch nicht so groß sein wie im täglichen Bundesligazirkus.
Der größte Druck ist doch immer der, den man sich selber macht. Auch in meiner Zeit als Trainer des SC Freiburg, als die Ergebnisse auch mal auf sich haben warten lassen, habe ich nicht zwangsläufig mehr Druck verspürt als in der Rolle des Nachwuchstrainers. Ich will immer meine Aufgaben sauber und erfolgreich erfüllen, egal in welcher Funktion.