Regelmäßig wettert der BVB-Boss Hans-Joachim Watzke gegen den DFB-Pokalhalbfinalgegner VfL Wolfsburg. Unterstützt wird Watzke von Thomas Steg – dem Cheflobbyisten von Volkswagen.

Stuttgart - Das Ambiente war so edel wie der Rotwein, als Hans-Joachim Watzke neulich im Nobelrestaurant „The Grand“ in Berlin-Mitte Hof hielt. Einem handverlesenen Kreis von Hauptstadtreportern aus Wirtschaft und Sport wurde nicht nur Rinderfilet und Crème brûlée serviert, sondern auch die Sichtweise des Gastgebers. Erst in einem offiziellen Teil, nach Aufhebung des Tabakverbots „off the record“ – vertraulich. Und am nächsten Tag stand wieder einmal eine schmucke Schlagzeile aus dem Munde des leidenschaftlichen Zigarillorauchers in den Zeitungen: „Die Bayern wollen uns zerstören.“

 

Kamingespräche heißen diese Veranstaltungen, bei denen Hans-Joachim „Aki“ Watzke, 54 Jahre alt und seit 2005 Geschäftsführer von Borussia Dortmund, keine Kosten und Mühen scheut, um seinen Verein ins rechte Licht zu rücken. Regelmäßig empfängt er zu solchen Abenden, in unterschiedlichen Großstädten der Republik, immer an den besten Adressen. Und nur ganz selten lässt er dabei die Gelegenheit aus, der Bundesligakonkurrenz ordentlich vors Schienbein zu treten.

Watzkes Groll trifft viele Clubs

Watzkes Botschaft lautet, stark vereinfacht ausgedrückt: Borussia Dortmund ist der gute Club, einige andere sind die bösen. Oft trifft sein Groll in jüngster Zeit den FC Bayern, der es gewagt hat, nach Mario Götze auch Robert Lewandowski abzuwerben. Im Verhältnis der beiden Großclubs scheint die Eiszeit ausgebrochen, nachdem der designierte Bayern-Präsident Karl Hopfner vergangene Woche zurückgeschlagen und Watzke mit dem Lügenbaron Münchhausen verglichen hat.

Noch öfter aber gerieten in der Vergangenheit jene Vereine ins Visier des BVB-Bosses, die seiner Meinung nach aufgrund fehlender Tradition und massiver Subventionierung eigentlich gar nicht in der Bundesliga mitspielen dürften: Dietmar Hopps 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen – und nicht zuletzt der VfL Wolfsburg, 100-prozentige Tochter des Volkswagen-Konzerns und am Dienstagabend im DFB-Pokalhalbfinale zu Gast im Dortmunder Stadion.

Steg lädt Watzkes Gäste ein

Es ist das gute Recht von Hans-Joachim Watzke, seine Meinung zu äußern, sei es in Interviews, auf Podiumsdiskussionen, bei denen er gerne zu Gast ist – oder eben in Kamingesprächen. Interessant und pikant zugleich wird es aber, wenn man weiß, wer zu diesen Abenden einlädt, wer die Gäste auswählt und den wortgewandten Conférencier gibt: Es ist Thomas Steg, der Cheflobbyist des VW-Konzerns.

Steg (54) arbeitete einst unter Gerhard Schröder als Vizeleiter des Kanzleramtes, später war er stellvertretender Sprecher der Bundesregierung, erst unter Schröder, dann unter Angela Merkel. Seit 25 Jahren ist Steg, geboren in Braunschweig, glühender Anhänger von Borussia Dortmund; ehrenamtlich sitzt der frühere Hobbykicker des MTV Adenbüttel im BVB-Wirtschaftsrat. Sein Geld aber verdient er in Wolfsburg. Seit 2012 ist der promovierte Sozialwissenschaftler bei Volkswagen hoch bezahlter Generalbevollmächtigter für Außen- und Regierungsbeziehungen.

Wolfsburg unter Dauerbeschuss

Gut gelaunt sitzt Thomas Steg nun bisweilen daneben, wenn der Borussia-Chef über die Fußballmannschaft seines Arbeitgebers vom Leder zieht. Mal klagt Hans-Joachim Watzke darüber, dass der VfL Wolfsburg Traditionsvereinen wie dem 1. FC Köln oder dem 1. FC Kaiserslautern die Plätze in der Bundesliga wegnimmt. Mal fordert der BVB-Chef eine Umverteilung der Fernsehgelder. Die eine Hälfte, so lautet Watzkes Rechnung, sollten nach dem Erfolgsprinzip verteilt werden, die andere gemäß einer irgendwie zu beziffernden Beliebtheit im Lande.

Es dürfe nicht sein, so lautet eines seiner Zitate, dass die Traditionsvereine „die Folklore abliefern“, und neureiche Clubs aus Hoffenheim und Wolfsburg „die Sahne aus dem Thema lutschen“. Es könne nicht sein, dass diese Emporkömmlinge, „die ohnehin nur aufgrund eines Geburtsfehlers aus dem Jahr 1998 in die Bundesliga gekommen sind und sowieso das meiste Geld haben“, dann auch noch partizipierten. Und überhaupt: „Wolfsburg reist mit 136 Fans durch die Gegend, dazu gucken vielleicht 100 Wolfsburger die Spiele auf Sky“, so referiert Watzke gern und stellt schon mal die Frage: „Wollen wir wirklich irgendwann eine Werksmeisterschaft unter Dax-Konzernen?“

Steg sieht keine Interessenskollision

Der Medienprofi Steg, vor seiner Zeit bei VW als Kommunikationsberater tätig, will mit den griffigen Slogans von Watzke nichts zu tun haben. „Wir kennen uns, wir sind privat befreundet“, sagt er auf StZ-Anfrage, es gebe aber „keine beruflichen Verbindungen und daher auch keine Interessenskollision“. Das dürfte wenig daran ändern, dass sich beim DFB-Pokal-Sponsor VW die Begeisterung in Grenzen hält. Auch darüber übrigens, dass der Cheflobbyist des Konzerns im Wirtschaftsrat eines Clubs sitzt, der den Konkurrenten Opel zu seinen Großsponsoren zählt.