Eine Niederlage beim DFB-Pokalfinale am Samstag gegen Duisburg würde beim FC Schalke 04 schon wieder alles infrage stellen.

Berlin - Was so ein kleiner Tapetenwechsel alles bewirken kann: Am vergangenen Samstag, als die kurz zuvor noch so stolzen Champions-League-Halbfinalisten aus Gelsenkirchen sich beim 1:2 in Köln ihre sechste Pleite nacheinander eingefangen hatten, herrschte Weltuntergangsstimmung bei Königsblau. Die meisten Schalker hielten es wie ihr Kapitän Manuel Neuer, machten sich mit Leichenbittermiene wortlos auf den Weg zum Vereinsbus – und hofften auf die heilende Wirkung der Berliner Luft.

 

Die atmen sie – dank des Extrainers Felix Magath, der gleich nach dem Halbfinalsieg in München Anfang März die Reiseplanungen fürs Finale vorantrieb – nun schon seit Mittwochnachmittag ein. Und die Hauptstadtatmosphäre scheint gewirkt zu haben. Nahe dem Brandenburger Tor haben die Schalker drei Tage vor dem Pokalendspiel am Samstag gegen Duisburg (20 Uhr/ARD) ihre Residenz bezogen. Fünf Sterne prangen über dem Hoteleingang, und beim verbalen Vorgeplänkel zum Finale tönt der Manager Horst Heldt: „Ich denke nicht an eine Niederlage.“ Sondern: „Ich bin voll davon überzeugt, dass wir gewinnen. Hundertprozentig.“

Heldts Wiederentdeckung Ralf Rangnick, vor zwei Monaten aus seinem Sabbat-Halbjahr als Trainer heraus als Magath-Nachfolger aufs Berger Feld gezerrt, schließt sich da pflichtschuldig an. Er sei „absolut überzeugt“ vom Sieg über den MSV, betont der zuletzt ziemlich ratlose Schwabe - und erläutert seine Ansichten: „Wenn jeder seine Leistung bringt, gibt es keinen Zweifel am Erfolg.“ Vor sechs Jahren, bei seiner ersten Schleife auf Schalke, unterlag Rangnick mit seiner Mannschaft den Bayern im Pokalfinale mit 1:2. Damals war die S04-Delegation aber auch nicht mit 75-stündigem Vorlauf in der Hauptstadt eingetroffen. Zudem kommt der Gegner diesmal nicht aus München, sondern aus der Zweiten Liga.

"Wir wissen, was auf dem Spiel steht"

Doch bei aller nach außen vorgetragener Zuversicht hängt Rangnicks Wohlgefühl nach dem schweren Durchhänger seiner Elf in den vergangenen Wochen am seidenen Faden. Die epochalen Triumphe gegen Inter Mailand in der Champions League scheinen eine Ewigkeit her zu sein. Und so erlebte der Revierklub zuletzt einen Cheftrainer, der angespannt ist wie seit dem Mobbing durch Ex-Manager Rudi Assauer vor fünfeinhalb Jahren nicht mehr. „Die Leistungen, die wir in den letzten zwei Bundesligaspielen gezeigt haben, werden nicht ausreichen, um das Pokalfinale zu gewinnen“, merkt der Manager Horst Heldt selbstkritisch an. „Duisburg kann befreit aufspielen, wir dagegen haben alles zu verlieren.“ Vor allem die allerletzte Chance, um, wie Heldt es beschreibt, „diese intensive Saison doch noch positiv abzuschließen“.

Mit dem Showdown in Berlin schließt die Schalker Intensivstation dann. „Wir wissen, was auf dem Spiel steht“, umreißt Torwart Neuer vor seinem mutmaßlich letzten Spiel vor dem Wechsel nach München den Ernst der Lage. Ähnlich wie Offensivstar Raúl, der mit Real Madrid schon zwei Pokalfinals verloren, aber noch keines gewonnen hat und sich neuerdings Hoffnungen auf ein Comeback in Spaniens Nationalteam machen darf, wirkte Neuer zuletzt extrem unzufrieden. Immerhin: in den letzten 20 Minuten der Pokal-Generalprobe gegen den 1.FC Köln zeigte Rangnicks Personal erstmals seit Wochen wieder so etwas wie Siegeswillen. So könnte zumindest das Timing stimmen. Zumal der extrem hoch verschuldete Verein durch die Vertragsverlängerung mit Hauptsponsor Gazprom bis 2017 unter der Woche bei den Finanzen schon einen wichtigen Schritt nach vorn gemacht hat.

Schwer genug wird es Ralf Rangnick bei seinem Plan, Schalkes inhomogenen und viel zu großen Kader umzukrempeln, ohnehin haben. Gefallen haben dem 52-jährigen Trainer, der nach seinem Rücktritt in Hoffenheim ursprünglich erst zur neuen Saison wieder ins Geschäft einsteigen wollte, bis jetzt nur der unter seiner Leitung rasch gesicherte Klassenverbleib sowie die beiden grandiosen Spiele gegen Mailand.

„Jetzt müssen wir im Pokalfinale den dritten Schritt machen, bevor mein eigentlicher Auftrag beginnt“, sagt Rangnick, für den ein Sieg heute nach dem Erfolg im Württembergischen Pokal mit dem SSV Ulm vor 14 Jahren der erste große Titelgewinn als Trainer wäre. Das gefiele auch seinem Manager Heldt, der vor dem Finale nun fein die Hände faltet. „Zuletzt haben sich unsere Spieler ja ein bisschen ausgeruht“, lästert der Manager – ehe er sich nach Kräften selbst beruhigt. „Wir haben“, befindet er, „ja schon eine Mannschaft, die bei manchem großen Spiel gezeigt hat, wozu sie in der Lage ist.“

Die Aufstellungen

MSV Duisburg: Yelldell – Kern, Reiche, Bajic, Veigneau – Banovic, Sukalo – Yilmaz, Grlic, Sahan – Schäffler.

Schalke 04: Neuer – Uchida, Höwedes, Metzelder, Escudero –Papadopoulos, Kluge – Farfan, Raul, Jurado – Huntelaar.

Schiedsrichter: Stark (Ergolding).

Anstoß: 20 Uhr, ARD, Berliner Olympiastadion.