Die Elf der Bundestrainerin Siliva Neid überzeugt vor dem Viertelfinale gegen Japan. Brigit Prinz muss wohl erneut auf die Bank.

Mönchengladbach - Weil der Erfolg im Frauenfußball viele Mütter besitzt, hat die Kanzlerin am späten Dienstagabend ihren direkten Draht in die Kabine der deutschen Auswahl genutzt. Per Telefon richtete Angela Merkel der Bundestrainerin Silvia Neid und dem deutschen Team nach dem 4:2-Sieg über Frankreich ihre herzlichsten Glückwünsche zum Spiel und dem Erreichen des WM-Viertelfinales aus. "Es war mitreißend, echte Werbung für den Frauenfußball in Deutschland", ließ die CDU-Vorsitzende Merkel wissen.

 

Da der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf parteipolitischen Proporz setzt, ergriff etwas später am Abend, beim Mannschaftsbankett im Düsseldorfer Hilton Hotel, die Vorsitzende der Grünen das Wort. Claudia Roth ist WM-Botschafterin, seit langer Zeit eine enge Freundin des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger - und von ihrem Naturell her sehr begeisterungsfähig.

Grings meldet sich zurück

Das hat auch die Frau des Abends erkannt, die sich mit zwei Vorlagen und zwei Toren (32. und 68. per Foulelfmeter) von der Bankdrückerin zurück ins Rampenlicht geschossen hat. "Die Rede von Frau Roth kam mir etwas länger vor", sagte die grinsende Stürmerin Inka Grings über die Lobeshymne weit nach Mitternacht.

Gerne hätte das DFB-Team den Durchbruch bei der Heimweltmeisterschaft wohl im kleinen Kreis gefeiert. "Wir haben die Nervosität der ersten beiden Spiele abgelegt und als Mannschaft zueinandergefunden", sagte Grings nach ihrem Galaauftritt vor 45.000 Fans im ausverkauften Mönchengladbacher Borussia-Park.

Letztlich war die Torjägerin, die in ihrer Karriere ihren Ruf als Querdenkerin - unter anderem durch einen Disput mit Silvia Neid - schon mehrfach unter Beweis gestellt hat, in zweifacher Hinsicht eine Siegerin: Zunächst hatte sie mit ihrer Leistung erheblichen Anteil am dritten Gruppensieg im dritten Spiel der Deutschen, die nun im Viertelfinale am Samstag (20.45 Uhr) in Wolfsburg auf Japan treffen. Doch mindestens genauso viel zählt für die 32-Jährige die Genugtuung, sich zurück in die erste Elf gespielt zu haben. "Ich war vor der WM Stammspielerin. Also habe ich schon ziemlich lange gebraucht, um das zu verarbeiten", sagte die mit 353 Toren erfolgreichste Bundesliga-Torjägerin über den Umstand, dass sie in den ersten beiden Spielen nicht von Beginn an dabei war.

Mitgefühl für Prinz

In die Rekordnationalspielerin Birgit Prinz, deren Startplatz die Stürmerin gegen Frankreich eingenommen hat, kann sich Inka Grings also gut hineinversetzen: "Birgit ist in einer Situation, in der sie allein sein möchte - und ich kann das verstehen. Mir ging das genauso", erklärte die Duisburgerin, die auch mit der Bundestrainerin Silvia Neid mitfühlen kann: "In ihrer Haut möchte ich ehrlich gesagt nicht stecken. Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass man seine Spielführerin auf der Bank lässt."

Weil in der torreichen und spannenden Partie gegen die spielerisch starken Französinnen, die zu zwei Kopfballtoren nach Eckbällen kamen, im deutschen Team ein Aufwärtstrend zu erkennen war, wird die Rückkehr von Birgit Prinz in die Startelf schwer. Wie groß das mentale Loch ist, in dem die Frankfurterin sitzt, erklärte die Bundestrainerin: "Es macht mich traurig, dass die Birgit das mitmachen muss", sagte Silvia Neid, die ihre einstige Führungsfigur über die vollen 90 Minuten draußen ließ: "Ich hatte mit ihr bereits am Samstag entschieden, dass sie nicht spielt. Sie wäre dazu auch gar nicht in der Lage gewesen."

Und so hielt die Begegnung in Gladbach für manche Akteurin ein Erfolgserlebnis bereit, nur für Prinz nicht. Immerhin freute sich Lena Goeßling, die die von einer Gelbsperre bedrohte Herrenbergerin Kim Kulig im defensiven Mittelfeld ersetzte, über ihren ersten Einsatz von Beginn an: "Jetzt ist es eine richtige WM für mich."

Geschlossene Mannschaftsleistung

Auch Lira Bajramaj, der kriselnde Werbestar, durfte in ihrer Heimatstadt ran - und lieferte eine Partie mit Licht und Schatten ab. So wurde die 23-Jährige vor dem Elfmeter zum 3:1 von den Beinen geholt. In vielen Aktionen agierte die Dribblerin aber zu eigensinnig. "Die Tendenz ist aufsteigend, auch wenn Lira manchmal den richtigen Zeitpunkt zum Abspielen verpasst hat", sagte Silvia Neid.

Mit der Gesamtleistung ihrer Elf war die Bundestrainerin hingegen mehr als zufrieden: "Die Mädels haben sich hervorragend reingebissen und frisches Selbstvertrauen getankt", sagte sie, "die Defensive war gut, die Offensive fantastisch." Dabei durfte sich neben Kerstin Garefrekes, die per Kopf zum 1:0 (25.) traf, und Celia Okoyino da Mbabi, die mit einem Rechtsschuss den Endstand erzielte (89.), vor allem eine angesprochen fühlen: Inka Grings.

Die will ihren Platz im deutschen Sturmzentrum nicht mehr räumen. "Es geht hier in erster Linie um den Erfolg der Mannschaft", sagte die 32-Jährige, die nicht aufbegehrt hatte, als sie draußen saß: "Aber natürlich will ich auch gegen Japan spielen." Für Birgit Prinz bedeutet das, dass sich ihre Auszeit verlängern dürfte.