Der Deutsche Fußball-Bund stellt seine Zukunftspläne mit der EM 2024 und der DFB-Akademie in Frankfurt vor, ärgert sich aber auch mit dem Weltverband Fifa herum. Der Widerstand gegen Blatter formiert sich gerade in Europa.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Frankfurt - In Erfolgszeiten wie diesen reicht Wolfgang Niersbach ein flüchtiger Blick zurück völlig aus, um neuen Antrieb für die Zukunft zu gewinnen. In solchen Momenten denkt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) an die „schwarze Nacht von Lissabon“. Jenen Sommerabend also im Jahr 2004, als die Nationalelf bei der EM in Portugal nach einem 1:2 im letzten Gruppenspiel gegen eine B-Elf Tschechiens in der Vorrunde ausgeschieden war.

 

Damals, als sich der DFB laut Niersbach „in der wohl größten Krise seiner Verbandsgeschichte“ befand, seien jene Reformen geboren worden, die zehn Jahre später in der WM-Finalnacht von Rio und dem vierten Weltmeisterstern für Deutschland gipfelten. „Doch Zurücklehnen gilt für uns nicht“, sagt Niersbach nun. Denn er hat mit seinen Präsidiumskollegen einen neuen Zehnjahresplan ersonnen. Darin befinden sich gleich mehrere „Meilensteine der Zukunft“, wie der DFB-Boss findet.

Das Projekt EM 2024

Bei seiner Mitgliederversammlung im vergangenen Herbst in Nürnberg hat der DFB im Beisein des Uefa-Präsidenten Michel Platini seinen Hut in den Ring geworfen: Nach dem Turnier von 1988 will Deutschland 2024 erneut eine EM-Endrunde ausrichten. „Ich bin total optimistisch, dass wir der Gastgeber werden“, sagt Niersbach, obwohl die Vergabe des Turniers durch die Uefa frühestens 2017 erfolgt.

Die Vorfreude des DFB-Chefs ist aber durchaus begründet, denn es gibt in Europa nicht mehr allzu viele Verbände, welche die auf ein Teilnehmerfeld von 24 Teams aufgeblähte Endrunde überhaupt ausrichten können. Und den bisher einzigen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten England hat man geschickt aus dem Rennen genommen: So verzichtete der DFB hinsichtlich der EM 2020, die in 13 Ländern ausgespielt wird, auf die Endspielbewerbung von München zugunsten von London.

51 Spiele in zehn Stadien wird es bei der EM 2024 zu sehen geben. Zwar sind die Spielorte noch nicht ausgewählt, doch Niersbach sieht die deutsche Stadienlandschaft optimal vorbereitet. „Das ist anders als vor der WM 2006, als in Köln, Frankfurt, München und Hannover neu gebaut wurde“, sagt der DFB-Präsident: „Diesmal müssen wir lediglich sanieren.“

Das Verhältnis zur Fifa

2015 will sich der 79-jährige Sepp Blatter entgegen seiner früheren Beteuerungen doch für weitere vier Jahre als Fifa-Präsident wählen lassen. Doch der Widerstand gegen den umstrittenen Fußball-Patriarchen formiert sich – gerade in Europa. So soll im Januar 2015 eine Konferenz diverser Verbandschefs einberufen werden, darunter auch Niersbach, mit dem Ziel, doch noch einen Gegenkandidaten aufs Schild zu hieven. „Das müsste nicht zwingend ein Europäer sein“, sagt der deutsche Präsident, „aber noch ist nichts amtlich.“

Vermutlich, weil aktuell im Hintergrund noch die letzten Strippen gezogen werden. Klar ist, dass sich Niersbach 2015 in die Fifa-Exekutive wählen lassen will, wo der Platz seines Vorgängers Theo Zwanziger frei wird. Der 64-Jährige weiß, dass es sich bei diesem Komitee um eines mit dem schlechtesten Image im Weltsport handelt. Trotzdem tritt er an: „Es ist besser, bei der Fifa von innen Einfluss zu nehmen, als nur von außen zu kritisieren.“

Doch im inneren Zirkel des Weltverbands gelten eigene Gesetze. Mit zwei umstrittenen Urteilen im Korruptionsskandal zu den WM-Vergaben an Russland und Katar hat die Fifa ihre Glaubwürdigkeitskrise verschärft. Erstens wurde der Einspruch des Sonderermittlers Michael Garcia gegen den Bericht des Richters Hans-Joachim Eckert zur Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 zurückgewiesen – aus formalen Gründen. Zweitens wies die Disziplinarkommission der Fifa auch die Beschwerden von zwei Informantinnen zurück. „Also wir blicken’s nicht mehr“, sagt Niersbach zu dem juristischen Gezerre.

Die DFB-Akademie

Wegen des von der Stadt Frankfurt ausgelobten Bauplatzes auf dem Gelände der Galopprennbahn regt sich zwar noch ein heftiger Bürgerprotest, doch die Errichtung der 89 Millionen Euro teuren Akademie ist beim größten Sportverband der Welt eine beschlossene Sache. „Wir wollen das Kompetenzzentrum des deutschen Fußballs sein“, sagt Oliver Bierhoff, der Teammanager der Nationalelf, über das neue Projekt.

So soll die Akademie nach ihrer Fertigstellung Ende 2018 nicht nur die DFB-Spitze beherbergen, zusätzlich werden Räume für Eliteteams, die Trainerausbildung sowie für Wissenschaft, Scouting und Forschung unter einem Dach entstehen. „Wir waren erfolgreich, weil wir über den Tellerrand hinaus geschaut haben“, sagt Bierhoff: „Das wollen wir auch künftig tun. Wir wollen neue Tendenzen im Fußball erkennen – und gleichzeitig neue Trends setzen.“