Im Linden-Museum feiern Mexikaner ihr Pendant zu Allerheiligen, den Dia de los Muertos. An diesem Tag kehren die Seelen zu den Lebenden zurück, um mit ihnen zu feiern.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Hegelplatz - Laut und fröhlich geht es an Allerheiligen im Linden-Museum zu. Viele Menschen drängen sich im Saal, auf der Bühne spielen die mexikanischen Mariachi „Sol Azteca“ La Bamba und La Cucaracha. Hunderte Kinder sitzen davor und klatschen und singen, die älteren Besucher sitzen auf den Stühlen dahinter und schunkeln untergehakt zum Takt mit. Auch in Mexiko wird am ersten November der Toten gedacht, allerdings auf eine ganz andere Art als dies zum Beispiel unter den Katholiken üblich ist.

 

Dia de los Muertos nennt sich die Feier – Tag der Toten. An ihm kehren die Seelen zu den Lebenden zurück, um mit ihnen zu feiern. Zum dritten Mal hat das Stuttgarter Lindenmuseum anlässlich des mexikanischen Feiertags ein Fest ausgerichtet. „Es kommen sehr viele Menschen aus Lateinamerika, aber auch viele Deutsche, und alle lernen etwas von der Kultur der anderen“, erzählt Martin Otto-Hörbrand, der im Linden-Museum für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Die Ofrendas stehen im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten anlässlich des Tages der Toten stehen die Ofrendas. Dies sind Gabentische, welche die Familien in ihren Häusern für ihre Verstorbenen gestalten. Im Lindenmuseum übernehmen dies zwei Mexikanerinnen aus Stuttgart. „Der Dia de los Muertos ist für uns eine wichtige alte Tradition“, erzählt die 54-jährige Guadalope Bazan-Meyer, die seit 27 Jahren in Stuttgart lebt. Sie gestaltet seit zehn Jahren den Altar mit. Zu Beginn gab es jedes Jahr nur den Altar, eine größere Feier richtet das Staatliche Museum für Völkerkunde erst seit drei Jahren aus.

„Wir glauben daran, dass die Geister der Toten jedes Jahr an diesem Tag zurückkehren“, erzählt Bazan-Meyer. Deshalb schmücke jede Familie ihr Haus, um die Gäste gebührend zu empfangen. Der Altar gehöre dazu. Für jeden Toten in der Familie stehe dort zum Beispiel ein Glas Wasser bereit. „Der Glaube ist, dass die Toten, wenn sie aus dem Jenseits kommen, sehr durstig sind“, erklärt Bazan-Meyer die Gepflogenheit. Zusätzlich gibt es laut der gebürtigen Mexikanerin Blumen und Kerzen ebenso wie Brot und Weihrauch. Eine Besonderheit des Ofrenda ist, dass auf dem Altar Gegenstände stehen, die zum Toten passen. „Wenn der Verstorbene gerne Maultaschen gegessen hat, dann stehen die auf dem Altar“, sagt Bazan-Meyer. Genauso gut können dies aber auch Zigarren, Musik oder Fast Food sein. „Jede Ofrenda ist anders, genau wie kein Mensch dem anderen gleicht“, betont sie.

Die Pinata bildet den Höhepunkt für die Kinder

Und die Kinder? Die feiern den Tag ebenso fröhlich. An vielen Tischen finden im Museum kleine Bastel-Workshops statt. Dort dürfen die Jüngsten zum Beispiel Totenköpfe und Skelette basteln und ausmalen. „Das ist auch sehr typisch für den Dia de los Muertos“, weiß Loretta Stritzel. Die 18-Jährige macht derzeit ein freiwilliges, soziales Jahr im Museum und hat die Workshops mit vorbereitet. Die kleinen Mädchen malen am liebsten „La Catrina“ aus. Die Skelett-Dame ist symbolisch für den Tag der Toten in Mexiko.

In Deutschland sei Allerheiligen eher ein stiller Tag, sagt Otto-Hörbrand. „Für uns Deutsche ist es etwas bizarr, wie die Mexikaner feiern“, sagt er. Doch aus seiner Sicht lernen die Kinder dadurch viel selbstverständlicher mit dem Tod umzugehen. Deshalb gibt es am Ende des Tages ein Höhepunkt für sie: die Pinata. Die bunt gestaltete Figur baumelt an der Decke des Raumes und ist prall gefüllt mit Süßigkeiten. Zum Ende des Nachmittags dürfen die Kinder dann der Reihe nach mit einem Stock auf die Pinata einschlagen. Solange, bis sie platzt und es Überraschungen regnet.