Walter Krohmer war 37 Jahre lang evangelischer Diakon in Schorndorf. Er war unter vier Dekanen eine Konstante der Gesamtgemeinde – und für seine pragmatische Art bekannt. Nun ist er in den Ruhestand verabschiedet worden.

Schorndorf - Walter Krohmer sitzt im Zentrum von Schorndorf. Sein Büro hat der evangelische Diakon über dem Jugendwerk, zwischen Stadtkirche, Gemeindehaus und Pfarramt. Aber nicht nur dieser besonderen Lage ist es zu verdanken, dass er stets mittendrin war. Bei den Menschen zu sein, das ist für ihn das Fundament seines Berufs. „Nicht neben ihnen, nicht über ihnen, aber auch nicht unter ihnen“, sagt Walter Krohmer, der am Sonntag nach 37 Jahren im Amt in den Ruhestand verabschiedet wird.

 

Diakon „in Reichweite“

Weg ist er deswegen trotzdem nicht: „Ich möchte mich Diakon i.R., Diakon in Reichweite nennen“, sagt Walter Krohmer und lächelt. Allerdings erst ab Ostern, bis dahin möchte sich der 64-Jährige eine kleine Auszeit nehmen. Die hat er sich nach einem arbeitsreichen Leben verdient. Gerade einmal 15 Jahre alt war der geborene Frickenhausener, als er nach der Hauptschule seine Bäckerlehre anfing. „Ich war schon immer pragmatisch veranlagt, und in meiner Familie gab es den Grundsatz: Handwerk hat goldenen Boden“, erzählt er, der seinen ersten Beruf als 20-Jähriger schon wieder aufgeben musste. Die Bandscheiben machten nicht mit. Seinen Pfarrer fragte er damals, was er denn jetzt tun solle – und der riet ihm zur Diakon-Ausbildung an der theologischen Akademie in Unterweissach. „Ich war im CVJM aktiv, habe Kinderkirche gemacht und sehr am kirchlichen Leben teilgenommen.“

Erster Chef war Dekan Rolf Scheffbuch

Berufen hat er sich gefühlt, und das hat ihm geholfen, die Ausbildung durchzustehen. „Ich habe in der Schule nicht mal Englisch gehabt und dann musste ich Griechisch lernen“, erzählt Krohmer, der nach drei Jahren als Jugenddiakon in Kemnat 1982 nach Schorndorf kam. Dass er die Stelle nie gewechselt hat, das hat viel mit sich öffnenden und schließenden Türen zu tun.

Eine sich öffnende Tür war es sicherlich, dass sein erster Chef, Dekan Rolf Scheffbuch, seine Begabung erkannte. Neben seinen Aufgaben als Diakon wie etwa der Leitung der Kinderkirche, der Seniorenarbeit oder der Betreuung verschiedener Gemeindegruppen, wurde Walter Krohmer viel im Gottesdienst eingesetzt. Er predigte, taufte, verheiratete und beerdigte. „Das habe ich in der Ausbildung gelernt, aber es brauchte eine Genehmigung des Oberkirchenrates, als Diakon den schwarzen Talar tragen zu dürfen.“

Ein Schwabe durch und durch

Walter Krohmer durfte es. Der Weg zur Pfarrstelle, der allerdings blieb verschlossen. „Es gab in den 1990er Jahren eine Vikarsschwemme. Diakone, die über den zweiten Bildungsweg ins Pfarramt kommen wollten, hatten keine Chance“, sagt Krohmer, der es sogar in Österreich versuchte. „Das hat mir sehr weh getan“, erzählt er freimütig. Dass er darüber nicht verbitterte, hat schließlich mit seinem zweiten Leitspruch zu tun: „Das tat Gott!“. „Wenn Gott eine Tür schließt, dann öffnet er eine andere“, sagt Krohmer.

Zweimal bot sich später die Chance, Pfarrer zu werden. Seine Ausbildungsstätte hätte ihn als Pfarrer nach Buenos Aires oder Königsberg geschickt. Aber Walter Krohmer wollte sich nicht wieder durch eine neue Sprache quälen. Und er befürchtete, dass das Heimweh zu groß werden könnte: „Ich bin Schwabe durch und durch“, sagt Krohmer, der seit 20 Jahren mit seiner Frau in Welzheim lebt.

Hausgeistlicher im Marienstift

Die Schorndorfer freilich werden sich gefreut haben, dass ihnen ihr Diakon erhalten blieb. Walter Krohmer hat vier Dekane erlebt. Er hat die Seniorenarbeit mit ihren geselligen Nachmittagen und den Freizeiten geprägt. Er war 25 Jahre lang Religionslehrer an der Künkelinschule. Er hat mit dem monatlichen Angebot „Bibel und Brezel“ rund 30 Gemeindemitglieder zur Bibelarbeit ins Haus geholt.

Nah dran an den Menschen hat sich Walter Krohmer gefühlt, wenn er als Hausgeistlicher im Marienstift unterwegs war oder wenn er dem Mittagstisch der Erlacher Höhe beigewohnt hat. „Da habe ich mich sehr wohl gefühlt, das hat mir einen richtigen Schwung gegeben“, sagt er, der bei solchen Gelegenheiten auch beim Stühle aufstellen half: „Da bin ich der Praktiker geblieben.“

Die Einheit in der Gemeinde fehlt

Ob sich Schorndorf in seiner Amtszeit verändert hat? „Es ist liberaler geworden“, sagt Walter Krohmer. So ganz glücklich ist er trotzdem nicht über den Zustand der evangelischen Gesamtkirchengemeinde. „Es fehlt die Einheit. Es werden Grabenkämpfe geführt, und dabei laufen die Menschen der Kirche davon“, sagt Walter Krohmer, der sich wünscht, dass man sich auch in der Landeskirche weniger mit den Strukturen und mehr mit den Menschen beschäftigt.

Er selbst wird sich jetzt erst einmal um den Menschen Walter Krohmer kümmern. „Ich war ein guter Schwimmer, das ist verloren gegangen.“ Reisen, lesen und Schreiben stehen zudem auf seiner Agenda. Und sich neuen Aufgaben widmen – so hat er sich schon den Tafelladen in Welzheim angeschaut. Praktische Arbeit mit und für die Menschen, das wird wohl auch im Ruhestand sein Fundament bleiben.