Warum der Schulranzen für Erstklässler mehr ist als nur ein Gegenstand und wie eine Diakonie-Aktion Familien entlastet.

Wenn Kinder eingeschult werden, beginnt für sie ein aufregendes Kapitel – und für ihre Eltern oft eine teure Zeit. Denn neben Stiften, Heften und Turnbeutel steht vor allem eines ganz oben auf der Liste: ein Schulranzen. Und der kann teuer werden. Zwischen 200 und 300 Euro kosten Modelle mit ergonomischer Rückenpolsterung, Reflektoren und kindgerechtem Design. Eine ganze Menge Geld. Für Familien mit geringem Einkommen oder Alleinerziehende kann der Schulstart zur echten finanziellen Belastung werden.

 

Genau hier setzt eine Aktion des Evangelischen Diakonieverbands in Leonberg an. Gemeinsam mit dem Serviceclub Round Table 129 Leonberg sorgt die Diakonie dafür, dass der erste Schultag für Kinder aus einkommensschwachen Familien nicht am Geld scheitert. Bereits zum dritten Mal werden fabrikneue Schulranzen verschenkt – finanziert durch Spenden von Unternehmen und Privatpersonen aus der Region. In diesem Jahr konnten rund 100 Modelle angeschafft und verteilt werden. Neben Leonberg werden auch in Böblingen und Herrenberg Ranzen verteilt.

Das Büro wird zum Fachgeschäft für Schulranzen

Für zwei Tage verwandelt sich das Büro von Tom Bredow, Bezirksgeschäftsführer der Diakonie Leonberg, in ein kleines Fachgeschäft. Auf einem langen Tisch zwischen Schreibtisch und Aktenschrank sind die Ranzen nach Farben, Mustern und Motiven sortiert. Einige Familien haben sich angemeldet, andere kommen spontan vorbei.

Auch Antonia ist mit ihrer Mutter da. Ihre Augen werden groß, als sie den Raum betritt. Ohne zu zögern, steuert die Sechsjährige auf die Schulranzen zu. „Den möchte ich haben“, sagt sie und zeigt auf ein rosafarbenes Modell mit roten Herzen. Die Entscheidung fällt ihr leicht. Im September wird sie an der Gebersheimer Grundschule eingeschult – mit einem funkelnagelneuen Ranzen auf dem Rücken. „Das ist so eine tolle Aktion, wir sind total froh“, sagt ihre Mutter Georgina Bădiţăscu.

Aber muss es wirklich immer ein neuer Schulranzen sein? Gebrauchte Modelle gäbe es reichlich – günstiger und nachhaltiger obendrein. Doch für Tom Bredow ist das keine Option: „Die Kinder, die zu uns kommen, müssen im Alltag oft auf vieles verzichten. Deshalb war uns von Anfang an klar: Es gibt keine gebrauchten Schulranzen, sondern nur neue. Warum sollten sie ausgerechnet bei so etwas Wichtigem wieder zurückstecken müssen?“

Ein Stück Normalität auf dem Rücken

Nicht allen fällt die Auswahl so leicht wie Antonia. Jakob (Name von der Redaktion geändert) zum Beispiel nimmt sich Zeit. Er betrachtet die Modelle genau, hebt sie an, prüft Reißverschlüsse, fragt nach Farben. „Er weiß genau, was er möchte“, sagt seine Mutter. Im Kindergarten haben die anderen schon stolz ihre neuen Ranzen gezeigt. Auch Jakobs bester Freund hat längst einen. Und Jakob hätte gern denselben.

Doch genau dieses Modell gibt es hier nicht. Die Auswahl ist groß, aber begrenzt. Seine Mutter hat längst eins im Blick, doch Jakob zögert. Nicht, weil er undankbar ist, sondern weil er dazugehören möchte. Er versteht vielleicht noch nicht, was ein Spendenprojekt ist oder dass seine Familie sich manches nicht leisten kann. Aber er spürt: Der richtige Ranzen ist wichtig, um dazuzugehören. Wer keinen „coolen“ Ranzen hat, sondern ein altes Modell oder einen gebrauchten, fällt auf. Und kein Kind möchte negativ auffallen.

Die Aktion zeigt, wie viel ein Schulranzen bedeuten kann. Er steht für Teilhabe, für Wertschätzung – und für einen selbstbewussten Start in die Schulzeit. Auch Jakob findet schließlich ein Modell, das ihn überzeugt. Gleich morgen will er es mit in den Kindergarten nehmen und den anderen Kindern zeigen.