Wie bunt das Glaubensleben in der Stadt ist, das zeigt der „Dialog der Religionen“.

Weil der Stadt - Wie eine Gluckhenne ihr Küklein unter ihren Schutz nimmt, so thront die Stadtkirche von weither sichtbar über dem Dächergewirr Weil der Stadts. So hat der Ehrenbürger Max Caspar anno 1948 in seiner Kepler-Biografie die Peter-und-Paul-Kirche beschrieben.

 

Dass indes das religiöse Leben reicher ist, das wollen die Geistlichen der Stadt zeigen. „Schauen sie sich nur um“, sagt zum Beispiel der Pastor Jonathan Schirmer. Neben dem Bahnhof steht das Gebäude seiner Christusgemeinde, und nicht nur sie. Gleich gegenüber, mit der grünen Kuppel, die Moschee der muslimischen Ahmadiyyas, daneben die antiochenisch-orthodoxe Gemeinde. Aber nicht nur in der Weiler Kernstadt. Wer weiß schon, dass sich in Münklingen jeden Mittwoch und Sonntag rund 100 neuapostolische Christen zum Gottesdienst treffen?

Seit 2012 gibt es den Dialog

„Mir ist es ganz arg wichtig, dass wir uns kennenlernen“, sagt der katholische Pfarrer Anton Gruber. 2012 hat er daher den „Dialog der Religionen“ ins Leben gerufen, zu dem sich die Gläubigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften zur Diskussion treffen. Die Unterscheidung der Religionen mag er nämlich nicht, sagt der Theologe: „Uns verbindet die Sehnsucht nach dem Glauben an den einzigen Gott, überall sind Menschen auf der Suche nach der Wahrheit.“

Nachbarschaft und Toleranz waren das Thema am Mittwoch. „Im Islam sind die Rechte des Nachbarn den Rechten der engsten Verwandten gleichgestellt“, klärt der Imam Tahssin Rasheed auf. „Wenn ich meinem Nachbarn nicht helfe, dann wird auch mir bei meinen Schwierigkeiten nicht geholfen.“

Erstmals mit dabei ist die Christusgemeinde. Man nähert sich an, sagt der katholische Pfarrer Gruber, seit zwei Jahren nimmt der Christusgemeinden-Pastor Jonathan Schirmer schon „als Beobachter“ an den ökumenischen Gesprächen der Geistlichen Weil der Stadts teil. Die jüngste Dialog-Runde findet daher auch in den großzügigen Räumen der Freikirche statt.

„Ich komme aus der DDR“, sagt Jonathan Schirmer in seinem kurzen Vortrag, da habe er die negative Seite von Toleranz und Nachbarschaft kennengelernt. „Da gab es riesige Plattenbauviertel, wo sich selbst Nachbarn nicht kannten.“ Als Christ sei er davon überzeugt, dass Gott den Menschen nahekommt. „Deswegen kann es auch mir nicht egal sein, was mit meinen Mitmenschen passiert.“

Miteinander ins Gespräch kommen und reden, das sei die Lösung. Und gleichzeitig stoßen die Gläubigen dabei immer wieder an die Grenzen, auch das wird beim Dialog deutlich. „Auch wir sollten mehr reden“, sagt Schirmer mit Blick auf seinen direkten Nachbarn, den Imam Tahssin Rasheed. Und der katholische Pfarrer Anton Gruber verweist darauf, wer am Mittwochabend nicht mit am Tisch sitzt. Die Ditib-Muslime aus Renningen etwa, oder die Orthodoxen der antiochenischen und der griechischen Gemeinde. „Da würden wir uns natürlich mehr Gespräche wünschen“, sagt er.

„Ich bin daher Seelsorger, kein Theologe.“

Dennoch, auch so wird die Vielfalt der Glaubensrichtungen in einer Stadt wie Weil der Stadt erlebbar. „Ich bin Elektrotechniker und Berufsschullehrer“, sagt Karl-Georg Schmid. Er steht der neuapostolischen Kirche in Münklingen ehrenamtlich vor, das gehöre da zum Prinzip. „Ich bin daher Seelsorger, kein Theologe.“ Aber auch Schmid sucht den Kontakt zu den anderen Kirchen. „Der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält, ist die Liebe“, ist er überzeugt. „Wenn wir uns das nehmen lassen, dann übernehmen andere.“

Und der Ruhestandspfarrer Ralf-Dieter Krüger, der die erkrankte evangelische Pfarrerin Eva Ulmer vertritt, ergänzt: „Es geht darum, selbst einen klaren Standpunkt zu haben, vom dem man sagen kann: Mein christlicher Glaube ist der einzig richtige.“ Toleranz bestehe aber darin, dem anderen das gleiche Recht zuzugestehen.

Wie das konkret in Weil der Stadt ausgestaltet werden könnte, das bleibt am Mittwoch noch offen. Aber es war nicht das letzte Gespräch, auch das machen alle deutlich.