Die Muslime sehen das Forum kritisch, weil der Islam oft als Sicherheitsrisiko gewertet werde. Das Innenressort soll die Leitung abgeben. Davon will Minister Friedrich nichts wissen.

Stuttgart - Die diesjährige Deutsche Islamkonferenz ist von heftiger Kritik begleitet worden. Dennoch will Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an dem Dialogforum in seiner jetzigen Form festhalten und nicht auf Kritiker zugehen, die es aus dem Innenministerium ausgliedern wollen. Es müsse allerdings an einer „stärkeren regionalen Ausstrahlung“ der Islamkonferenz gearbeitet werden, sagte Friedrich. Die gegen sein Ministerium erhobenen Vorwürfe hätten entweder mit der Realität nichts zu tun oder seien dem Bundestagswahlkampf geschuldet.

 

Er freue sich, dass alle beteiligten muslimischen Verbände und Einzelpersonen ihm versichert hätten, diesen 2006 vom damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gesponnenen Gesprächsfaden nicht abreißen lassen zu wollen, so der Minister. Das Gremium werde sich künftig stärker mit der freien Wohlfahrtspflege auseinandersetzen, sagte Friedrich mit Blick auf die größer werdende Zahl älterer Muslime, die sich von ihrer Religionsgemeinschaft Unterstützung erhoffen: „Wir müssen dafür einen Rahmen auch in Deutschland bieten.“

Muslimische Gemeinschaften müssen auf Privilegien verzichten

Friedrich sicherte den muslimischen Organisationen zu, die Debatte über religionsrechtliche Fragen weiterzuführen. Mit Verweis auf den islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen sagte Friedrich, „pragmatische Lösungen“ seien möglich. Hier seien die Länder gefordert. Anders als christliche Kirchen und jüdische Gemeinschaft sind muslimische Religionsgemeinschaften in Deutschland nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts zugelassen. Sie müssen daher auf Privilegien verzichten. Ein Problem aus Sicht der Bundesregierung war bisher, dass die muslimischen Verbände keine Dachorganisation als verantwortlichen Verhandlungspartner für alle islamischen Verbände präsentieren können. Trotzdem hat der Stadtstaat Hamburg mit muslimischen Verbänden einen Staatsvertrag geschlossen.

Während der Konferenz stellte eine Fördergruppe Eckpunkte zur Stärkung von Projekten vor, die Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamismus bekämpfen. Gegründet wurde ein Förderkreis, der solche Initiativen anstoßen und finanzieren soll. Dem Förderkreis gehören neben dem Innenministerium das Familienressort, das Auswärtige Amt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Bundeszentrale für politische Bildung und die Robert-Bosch-Stiftung an.

Auf dem Gehsteig vor dem Veranstaltungsort verschafften schon zu Beginn des Treffens Vertreter muslimischer Organisationen ihrem Unmut Luft. Bekir Alboga, stellvertretender Generalsekretär und Sprecher des Ditib-Dachverbandes, sagte, in der jetzigen Form habe die Islamkonferenz keinen Sinn mehr. Er bemängelte, dass der Schwerpunkt unter Friedrichs Regie zu sehr auf Sicherheitsfragen gelegt werde, so als würden Muslime vor allem als Risiko angesehen. Habe zu Beginn des Dialogs die Gleichstellung der Muslime mit anderen Religionen noch eine große Rolle gespielt, so sei dieses für die Muslime so wichtige Thema in den vergangenen Jahren zunehmend in den Hintergrund gerückt, sagte Alboga, der an der Konferenz teilnahm. Friedrich behandle die Muslime nicht auf Augenhöhe, diktiere ihnen die Tagesordnung. Alboga will deshalb „über die Zukunft der Islamkonferenz mit dem Kanzleramt sprechen“. Dieses müsse seiner Ansicht nach künftig die Federführung übernehmen.

Friedrich reagierte verärgert

Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde, äußerte ebenfalls Kritik. Man wolle den Dialog wegen der unbestreitbaren Erfolge etwa bei der Ausbildung von Imamen zwar fortführen, aber möglichst nicht unter Leitung des Innenministers. Auch Kolat warf Friedrich vor, dieser habe das Forum zu einer „Sicherheitskonferenz“ umfunktioniert. Die Junge Islamkonferenz (JIK), ein Gesprächsforum junger, interessierter Leute, forderte von Friedrich, die Islamkonferenz solle sich ausschließlich auf religionsrechtliche Fragen konzentrieren. Sicherheits- und Integrationsthemen wären laut JIK in einer von allen Parteien getragenen Enquetekommission des Bundestags besser aufgehoben.

Friedrich reagierte verärgert. Vor allem die Behauptung, das Dialogforum sei zu einer Sicherheitskonferenz verkommen, wies er entschieden zurück. „Das Thema Terror und Sicherheit war nie ein Thema der Islamkonferenz“, so Friedrich. Daher sei die Forderung, den Komplex „rauszunehmen, völlig unsinnig“, weil er „nie drin“ gewesen sei. Kritik an seiner Person versah er mit dem Hinweis, ein Blick auf die Parteibücher der Kritiker erleichtere vier Monate vor der Bundestagswahl die Einordnung. Auch der Umstand, dass immer mehr Organisationen der Konferenz fernbleiben, ficht ihn nicht an. „Wer der Einladung folgt, ist herzlich willkommen, wer nicht, muss das auch verantworten“, sagte Friedrich.