Die 68er haben ihren eigenen Beitrag zur Enttabuisierung deutscher Schuld geleistet. Mit ihrem Kampf gegen die alten Eliten popularisierten und konkretisierten die Auseinandersetzung um die Frage, wie die NS-Zeit zu bewerten sei.

Stuttgart - Die 68er nehmen für sich in Anspruch, das Schweigen ihrer Eltern über die Verbrechen des Nationalsozialismus aufgebrochen zu haben. Das darf, wenn es denn wahr ist, als zivilisatorischer Sprung nach vorn gelten: als Meilenstein auf Deutschlands „langem Weg nach Westen“, wie der Historiker Heinrich August Winkler den Prozess der Akkulturation in das Wertesystem der liberalen Demokratien beschrieb. Denn die Fähigkeit, etwas besser zu machen, setzt die Erkenntnis dessen voraus, was vorher falsch lief. Eine Rückkehr in die zivilisierte Welt erschien nur möglich durch die Anerkenntnis der Schuld, was wiederum den Willen zur Erinnerung voraussetzt.