Nach ihrer Tagung in Frankfurt gestehen die ARD-Chefs Fehler im Vorabendprogramm ein – und suchen nach dem richtigen Dreh für junge Zuschauer.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Frankfurt - Es war die Stunde der Selbstkritik: Nachdem die ARD-Intendanten vor einer Woche das Aus für „Gottschalk Live“ zum 7. Juni bekannt gegeben haben, gestanden sie bei der Pressekonferenz am Mittwoch im Anschluss an das zweitägige Intendantentreffen in Frankfurt Fehler bei der Planung des Formats ein. Es hätte, sagte der ARD-Programmdirektor Volker Herres, eine Vorphase vor dem Start geben sollen; zudem habe es handwerkliche Mängel gegeben. Wohl wahr. Und in diesem Punkt ist die Leidensfähigkeit des TV-Publikums – zu Recht – nicht sehr ausgeprägt, wie die Quoten gezeigt haben. „Du bekommst nie eine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu machen“, tat Herres eine alte Fernsehweisheit kund, an die sich die Verantwortlichen besser erinnert hätten, bevor sie mit dem falschen Konzept für den richtigen Mann auf Sendung gingen. Mit dem Unterhaltungskönig, dem die Krone ziemlich verrutscht ist, wolle man aber „mit Sicherheit“ weiter zusammenarbeiten, hieß es.

 

Ja, mutig sei Gottschalks Idee gewesen und reizvoll, man habe der Produktionsfirma alle Freiheiten gelassen, sagte Herres und betonte damit ja nur noch einmal unfreiwillig den Leichtsinn und auch die Fahrlässigkeit, mit denen die ARD in dieses unglückliche Vorabend-Abenteuer gestolpert ist. Von Juni an kehrt das Erste vor der Tagesschau zu dem Programmschema zurück, das vor „Gottschalk Live“ gültig war. Einzige Neuerung: Der Kabarettist Dieter Nuhr ist vom 20. Juli an freitags vor den Hauptnachrichten mit der Quizsendung „Null gewinnt“ zu sehen.

Vielleicht wären die ARD-Oberen ja besser beraten gewesen, das Gottschalk-Geplauder zuerst in ihren Digitalkanälen ausprobieren? Die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel jedenfalls wies auf die Funktion dieser Nischensender als „Schutzraum“ für Experimente hin. Wie es mit den digitalen Ablegern weiter gehen soll, wolle sie und der SWR-Intendant Peter Boudgoust in einem Gespräch mit den Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU) klären. Da der Betrieb der Digitalkanäle ein Auftrag der Politik sei, könne die ARD nicht alleine über deren Profile entscheiden. Beck, der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, hatte wiederholt gefordert, die Zahl der Digitalkanäle zu reduzieren.

Internet-“Tagesschau“ für junge Zuschauer

Derzeit müssen die vom SWR und vom WDR verantworteten Digitalkanäle Eins Plus und Eins Festival als verkappte Jugendsender herhalten – von Anfang Mai an nimmt etwa Eins Plus mit neuen Magazin- und Doku-Formaten explizit das junge Publikum ins Visier. Der Auftritt vor der Presse machte gestern noch einmal die große Zaghaftigkeit und Konzeptlosigkeit deutlich, mit der sich die ARD den für ihre Zukunft doch so wichtigen jungen Zuschauer nähert. So erteilte Piel zwar einem eigenen Jugendkanal zum x-ten Mal eine Absage, einen „jungen Kanal“ aber strebe man schon an, sagte die ARD-Vorsitzende. Mit dem Begriff Jugend seien ja nur die Vierzehn- bis Neunzehnjährigen gemeint, die Zielgruppe, die man besser bedienen will, umfasse aber auch die Dreißig- bis Vierzigjährigen. Nun soll es aber ab Herbst erstmal eine „Junge Mediathek“, so der Arbeitstitel, geben – eine Onlineplattform, welche die ARD-Angebote für die Jungen in TV, Hörfunk und Internet bündelt und leichter auffindbar macht. Ein Plan, den Ruth Hieronymi, die Vorsitzende der ARD-Gremienkonferenz, sehr begrüßte, weil damit einer alten Forderung der Aufsichtsgremien nachgekommen werde. Ebenfalls an die jüngere Internetgeneration richtet sich eine etwa dreiminütige „tageswebschau“ im Netz, die im Juli starten und zunächst ein halbes Jahr laufen soll.

Auf eine Diskussion über die derzeit wieder aufgeflammte Kritik an der Talkshow-Schiene wollten sich die ARD-Chefs nicht einlassen. „Diese Debatte führen wir intern“, sagte Volker Herres. Monika Piel wies darauf hin, dass die Verträge Ende 2013 ausliefen und man im kommenden Jahr Bilanz ziehen und entscheiden werde, welche Talkshows weitergeführt würden.