Ariane Holzhausen Foto: StZ
Meine Großtante starb im Haus meiner Eltern. Umgeben von ihrer Familie wurde sie mitten im Wohnzimmer schwach und immer schwächer. Mein Vater hörte ihr oft stundenlang zu, wenn sie erzählte – vom Krieg, vom Verstecken der hübschen Mädchen, wenn die Soldaten wieder auf Menschenbeutezug waren, einfach von ihrem Leben. Nebenher lief Band um Band in einem kleinen Aufnahmegerät, das die Stimme meiner Großtante für immer festhalten, ihre Geschichte Umdrehung für Umdrehung festschreiben sollte. Wenn sie beim Erzählen eine Pause einlegte, drückte mein Vater nicht auf Stopp, sondern schaute nur, ob die Kassette auch ja weiterläuft. Wie könnten wir uns je besser an ihre Erinnerungen erinnern? Zum Glück gab es damals noch keine digitalen Aufnahmegeräte, die Sounds auf den Rechner spucken, die dann im digitalen Dschungel zwischen sämtlichen .tifs und.gifs verschwinden. Die Kassetten stehen an dem Platz, den mein Vater, ganz der perfekte Hobby-Archivar, ihnen im Schrank und mit Nummer im Nachschlagewerk zugewiesen hat. Damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Und wo sie hoffentlich noch lange leben.