Wenn einer der 819 Ampelanlagen im Stadtgebiet streikt, ist die volle Aufmerksamkeit des Tiefbauamts gefragt. Gerade an großen Kreuzungen sei die Steuerung eine Wissenschaft für sich.

Bad Cannstatt - Knapp zwei Wochen sind die Springlichter am Ebitzweg abgedeckt gewesen. Am Montagnachmittag konnten die orangefarbenen Plastikplanen mit der Aufschrift „Anlage außer Betrieb“ dann wieder entfernt werden. Ein Hardwaredefekt hatte dafür gesorgt, dass sie nicht mehr zuverlässig arbeitete. Der Fehler konnte jedoch schnell entdeckt werden. Techniker tauschten das entsprechende Bauteil aus und spielten anschließend die Software neu auf. Die Springlichter, die an Übergängen von Stadtbahnhaltestellen übrigens nicht vorgeschrieben sind, funktionieren nun wieder.

 

Ganz so einfach geht es in der Regel jedoch nicht, wenn eine der 819 Ampelanlagen im Stadtgebiet streikt. Gerade an großen Kreuzungen sei die Steuerung „eine Wissenschaft für sich“, sagt Wolfgang Hertkorn, Leiter der Abteilung Verkehrstechnik im städtischen Tiefbauamt. Bei komplexen Problemen werde ein Ingenieurbüro beauftragt, das eine Logik für die Ampelanlage erarbeitet. Anschließend übersetzt eine Signalbaufirma die Vorgaben in die jeweilige Geräte-Sprache und korrigiert so mögliche Fehler mit einem Update der Software.

Auf der König-Karls-Brücke ist es so jedoch nicht abgelaufen. Dort arbeiten die Springlichter seit Monaten nicht richtig. „Das beauftragte Büro hat leider ein Qualitätsproblem. Wir werden es wechseln“, sagt Hertkorn. Mit der alten Technik müsse sich aber niemand mehr auseinandersetzen. Im Zuge der Einführung des Schnellbusses wird dort im Sommer eine komplett neue Steuerung verbaut. „Dann können wir auch auf der der König-Karls-Brücke flexibler reagieren.“

Das Zusammenspiel zwischen Stadtbahnen und Bussen klappt nicht

Bis dahin werden die Springlichter jedoch abgedeckt bleiben. Eine Maßnahme, die der Sicherheit dienen würde: „Blinkt die Anlage dauernd oder zur falschen Zeit, wird sie nach kurzer Zeit nicht mehr ernstgenommen.“ Sie einfach abzuschalten, sei auch keine Lösung. „Das könnte ebenfalls in einer Katastrophe enden.“ Durch die auffällige Abdeckung werde Fußgängern und Radfahrern angezeigt, dass sie an den Haltestellen aufpassen müssen. Niemand könne sich irrtümlich nach den fehlerhaften Signalen richten, so Hertkorn. Daher seien die Übergänge auch mit abgedeckten Springlichtern verkehrssicher.

Seit knapp zwei Monaten gilt das auch an der Haltestelle Hauptfriedhof im Sommerrain. Dort sei das Steuergerät ausgefallen, es müsse ausgetauscht werden, bestätigt Hertkorn. Allerdings werden die Arbeiten erst in drei oder vier Wochen durchgeführt. Der Grund: Sämtliche Verkehrsingenieure seien vollkommen überlastet, es mangele an Personal. Selbst in seiner Abteilung suche man händeringend nach Fachkräften.

Dass mitunter viel Know-how gefragt ist, zeigt sich an zwei weiteren Haltestellen: In der Aldinger Straße in Mühlhausen registriert die Anlage zwar, dass eine Stadtbahn einfährt und löst auch das Blinken der Springlichter korrekt aus. Sie schalten jedoch erst nach geraumer Zeit wieder ab – nach einer gefühlten Ewigkeit. Seit einem dreiviertel Jahr sind sie daher abgedeckt und bereiten den Experten Kopfzerbrechen. „Die Netze BW und Siemens sind dran“, sagt Hertkorn. Liegt das Problem im Kabelweg oder löst eine entgegenkommende Stadtbahn durch Erschütterungen den Fehler aus? Die Suche nach Antworten auf diese Fragen kann dauern. Mehr als ein Jahr haben die Ingenieure am Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt gebraucht, bis sie die Springlichter wieder zum Laufen gebracht haben. Damals wurde eine komplett neue Software entwickelt.

Der unangefochtene Spitzenreiter ist jedoch die Haltestelle Rosensteinbrücke. Dort funktionieren die Springlichter am Übergang bereits seit drei Jahren nicht. „Es zieht sich“, bedauert Hertkorn, obwohl dort längst ein Ingenieurbüro beauftragt worden sei. Das Zusammenspiel zwischen Stadtbahnen und Bussen klappt nicht. Während die mehr als 50 Tonnen schweren Züge über Schleifenplatten im Boden automatisch erkannt werden, haben die Busse einen Funksender an Bord. Zwei verschiedene Systeme, die sich wohl stören.