Die schottische Elektropopband Chvrches hat im Stuttgarter LKA gespielt. Dabei deuten die Glasgower ihr Potenzial an, schöpfen es aber in einem grenzwertig kurzen Auftritt noch längst nicht aus.

Stuttgart - Man sagt es nicht gerne, aber die Krise des Britpop will kein Ende nehmen – selbst einstige Führungsfiguren des Genres wie der The-Verve-Frontmann Richard Ashcroft wissen inzwischen nichts mehr Vernünftiges mit sich und ihrem Talent anzufangen. Und der Nachwuchs? Tut sich irritierend schwer, mal wieder tüchtig Schwung in ein sich zunehmend verknöcherndes System zu bringen.

 

Auch schon wieder sieben Jahre im Geschäft sind Chvrches aus Glasgow; doch trotz dreier durchaus erfolgreicher Alben blieb die Elektropopformation um die Sängerin Lauren Mayberry bisher eher ein unerfülltes Versprechen für eine bessere Zukunft anstatt wirklich zu überzeugen. Gemessen an ihrer tatsächlichen Relevanz ist die aktuelle Tournee des schottischen Trios allerdings erstaunlich gut besucht. Fast eintausend Fans versammeln sich am Sonntagabend im LKA – und müssen erst einmal Geduld haben. Erst gegen 21.20 Uhr zeigen sich Mayberry – mit schwarzem Faltenrock, apricotfarbenem Top und dramatisch schwarz geschminkter Augenpartie minimalistisch chic gestylt – und ihre Kollegen auf der Bühne.

Das Daisy-Duck-Timbre der Sängerin überzeugt nicht

Ein Schlagzeuger ergänzt die Formation live zum Quartett, sodass sich Mayberry und ihre Sidemen Iain Cook und Martin Doherty ausgiebig ihren Synthesizern widmen und ihre Stärken demonstrieren können: Ziemlich gut verstehen sich Chvrches (das v baute man in den Bandnamen ein, um bei der Internetsuche nicht mit echten Kirchenbauten verwechselt zu werden) auf ein imposantes Sounddesign, das den Synthiepop der 80er-Jahre an den Dream- und Dancepop der Gegenwart andockt. Mit veritabler Lautstärke in den Saal gedrückt und von einer üppig bestückten Scheinwerferwand ins rechte Licht gesetzt, macht dieser brachial rhythmisierte Schönklang durchaus Eindruck, vor allem, wenn auch mal eine E-Gitarre ins Spiel kommt.

Und doch bleibt diese Musik im LKA zu sehr der gleißenden Oberfläche verhaftet. Grundsätzlich reizvoll zwischen Melancholie, Rebellion und Lebenslust hin- und hergerissen, entscheiden sich Chvrches noch viel zu oft für einen nicht sonderlich substanziellen Partypop, setzt Mayberry auf ein quietschig-leichtgewichtiges Daisy-Duck-Timbre anstatt die widerstrebenden Gefühle in facettenreicheren Klangschattierungen aufeinanderprallen zu lassen.

So bleibt ein zwar flott vorgetragenes, mit kaum 75 Minuten allerdings auch grenzwertig kurzes Programm, das Chvrches als Vertreter einer Musikergeneration ausweist, die inzwischen selbst ihre Bandnamen suchmaschinenkompatibel gestaltet, über den entsprechenden Sound dazu aber vorerst nicht hinauskommt.