Simon und Joshua Bosler haben den nationalen Meistertitel unter sich ausgemacht. Die beiden Oberlenninger sind die besten Speedkletterer Deutschlands.

Lenningen - Etwas mehr als acht Sekunden für 15  Meter: das ist, in der Waagrechten, nicht mehr und nicht weniger als ein flotter Spaziergang. In der Senkrechten ist das nicht mehr und nicht weniger als der nationale Meistertitel. Simon Bosler ist die Ruhe selbst. Und doch ist in diesem Jahr in Deutschland keiner schneller die Wand hoch geklettert als er. Der 19-jährige Sportler aus dem Lenninger Teilort Oberlenningen ist amtierender Deutscher Meister im Speedclimbing. In den drei entscheidenden Wertungsturnieren hat er die meisten Punkte gesammelt und die bundesdeutsche Konkurrenz hinter sich gelassen. Ihm am dichtesten auf den Fersen klettert sein Bruder Joshua. Der 16-Jährige ist Vizemeister.

 

Bei der WM wäre mehr drin gewesen

Bei den Jugend-Weltmeisterschaften in Singapur ist es für Joshua dagegen nicht ganz nach Plan gelaufen. Ein kleiner Ausrutscher hat ihn den Sprung in die Endrunde der besten 16 jugendlichen Speedkletterer der Welt gekostet. „Platz zehn wäre vielleicht drin gewesen“, sagt der Sportler, der im 43 Athleten zählenden internationalen Teilnehmerfeld auf dem 17. Rang gelandet ist.

Speedclimbing ist denkbar einfach und doch unendlich schwer. „Es gewinnt, wer am Schnellsten oben ist“, sagt Joshua Bosler. In der Vorrunde eines jeden Wettbewerbs wird noch auf Zeit geklettert, in der Endrunde der besten 16 geht es dann Mann gegen Mann – im K.o.-System. „Wer gewinnt ist weiter, wer verliert, fliegt raus“, sagt Simon. Geklettert wird grundsätzlich in der Halle. Die beiden Wände stehen dabei direkt nebeneinander. Sie sind jeweils 15 Meter hoch und haben einen Überhang von fünf Grad. Die Griffe sind normiert und weltweit bei jedem Wettkampf gleich. „Da muss jeder Zug blind sitzen“, sagt Joshua.

Die beiden Bosler-Brüder sind Mitglieder des Nationalkaders Speed, der vom Deutschen Alpenverein (DAV) betreut wird. Vor Wettkämpfen, und Wettkämpfe sind eigentlich immer, trainieren sie viermal pro Woche. Jeweils zwei Stunden wird an der Technik gefeilt, je eine Stunde an der Schnellkraft und an der Maximalkraft.

Der Garten ist ein Kinderspielplatz für Erwachsene

Der große Garten hinter dem elterlichen Haus in Lenningen sieht aus, wie ein Kinderspielplatz für Erwachsene: Klettergerüste aller Art, eine sechs Meter hohe Kletterwand und unter dem Balkon ein selbst gezimmerter Überhang, an dem im Abstand von 30 Zentimetern Holzbalken angebracht sind. Doppeldynamo nennen die beiden eine Kraftübung, bei der sie sich, jeweils einen Balken auslassend, allein mit der Kraft ihrer Arme nach oben schnellen.

Sponsoren gesucht

Auf dem Weg nach oben sind nicht nur Schnelligkeit und Kraft gefragt. Speedklettern auf diesem Niveau geht ins Geld – schließlich führt der Europacup die beiden Athleten kreuz und quer durch den Kontinent. Der Zuschuss, den es für Nationalkader-Athleten gibt, deckt den Aufwand nur zum Teil. „Es wäre natürlich schön, wenn wir noch mehr Sponsoren hätten“, sagt Simon. Ein paar Kletterschuhe kostet rund 80 Euro. Nach zwei Monaten harten Trainings sind sie reif für die Tonne. „Die Reibung . . . “, sagt Joshua. Die setzt auch den Händen zu. Einen langen Wettkampftag bezahlen die beiden schon einmal mit blutenden Fingerkuppen. Trotzdem darf sich keine Hornhaut bilden – des Fingerspitzengefühls wegen. „Wenn sich ein Ansatz von Hornhaut zeigt, wird er weggefeilt. Die Fingerkuppen müssen weich sein“, sagt Simon. Das ist dann aber auch schon die einzig weiche Seite eines harten Sports.