Die britische Punk-Indie-Rock-Band Dream Wife ist zu Gast im Stuttgarter Kulturzentrum Merlin – und spielt lustvoll auf, als gehöre ihr die Welt.

Stuttgart - „Wir sind Traumfrauen“, sagt am Donnerstagabend im Merlin die Isländerin Rakel Mjöll, blauer Lidschatten, roter Lippenstift. „Ich liebe, liebe, liebe, wie unser Bandname auf Deutsch klingt! So kraftvoll!“ „Lolita“ heißt einer ihrer Punk-Indie-Rock-Songs, und die Sängerin verkörpert ihn, wenn sie Cheerleader-Appeal einsetzt, kokett den Schlafzimmerblick hebt, die blonde Mähne schüttelt, einen Arm in die Höhe reckt – Rockstar-Posen scheinen Teil der DNA dieser jungen Frau zu sein.

 

Die Gitarristin Alice Go reiht griffige Riffs und Licks aneinander, die Bassistin Bella Podpadec grundiert präzise, und viele Songs haben Hit-Potenzial: Die Hymne „Fire“, der Gassenhauer „Hey Heartbreaker“, in dem das Erbe der Go-Go’s und Blondie mitschwingt. Sogar über einen Gründungsmythos verfügen die drei Frauen bereits, aus einer Performance an der Kunstakademie in Brighton soll ihre Band hervorgegangen sein.

Dieser Band gehört die Welt

„Gender ist ein Konstrukt“, ruft Mjöll, und der Song „Somebody“ steht exemplarisch für eine feministische Botschaft: „I’m not a body, I’m somebody“, heißt es im Chorus. Ihr Kronzeuge ist der Drummer Alex Paveley, der als Rückgrat souverän rockt und rollt wie ein Uhrwerk und in Pausen mit den Sticks weiterzählt, damit niemand den Faden verliert. Ein irrer Instrumentalteil, Sonic Youth lassen grüßen, bestätigt das Potenzial von Dream Wife, die aufspielen, als gehöre ihnen die Welt. Die Rock’n‘Roll-Nation Großbritannien, deren Brexit-Befürworter eine hässliche Migrationsfeindlichkeit propagieren, sollte stolz sein. Wenn die Band so weitermacht, werden die Zeugen im Merlin später sagen können, zu denen auch Julian Knoth zählte, der Bassist der Stuttgarter Post-Punk-Band Die Nerven: Wir waren dabei. (ha)