Die Buben im Pelz haben in der Manufaktur Schorndorf das Velvet-Underground-Debütalbum auf Wienerisch gecovert und Mannerschnitten verteilt. Außer Lou Reed gefällt das so ziemlich jedem.

Schorndorf - Die Cover-Version im Pop ist bekanntlich eine sehr heikle Angelegenheit. Mehr als eines guten Geschmacks bedarf es dafür einer künstlerischen Haltung. So kann man beispielsweise einen Christian-Anders-Schlager durch ein ironiefreies, aber beseeltes Beim-Wort-Nehmen ins Existentielle aufblasen. Oder aus einer Macho-Rock-Nummer die Luft herauslassen, indem man sie in eine Bossa Nova-Nummer transformiert.

 

Mustergültig hat eine Gruppe Wiener Radiomacher und Musiker seit den frühen Neunziger Jahren die Cover-Version zur hohen Kunst perfektioniert, indem sie einschlägige Songs der Herren Waits, Cave oder Reed oder auch der Beasts of Bourbon mit dem Geist des Wienerliedes konfrontierte. In wechselnden Besetzungen firmierte man als Der Scheitel, als Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune oder aktuell als Die Buben im Pelz. Die überraschten jüngst mit ihrer kongenial werktreuen Übersetzung des kanonischen Debütalbums von The Velvet Underground & Nico ins Wienerische. Das Albumcover ziert entsprechend statt der bekannten Banane eine Käsekrainer, die man in Wien als „Eitrige“ kennt.

Phettberg trifft Seidl trifft Haider trifft Zentralfriedhof

Hier treffen gewissermaßen Hermes Phettberg und Ulrich Seidl auf Jörg Haider und den Zentralfriedhof. Am Samstagabend begeisterten die Sängerbuben Christian Fuchs und David Pfister, unterstützt von den Musikern Christof Baumgartner, Ralph Wakolbinger und Sir Tralala, in der Manufaktur. Dass im Saal noch Platz war, passt konzeptuell ins Bild, auch The Velvet Underground war zeitlebens nie mehr als ein Geheimtipp. Ihre tausendmal gecoverten böse-abgründigen Klassiker über Drogen, Angst, Sadomasochismus, Langeweile, Satanismus und Tod beginnen in Verbindung mit lustvoll zelebriertem Wiener Schmäh tatsächlich noch einmal zu leuchten, wenn aus „Femme Fatale“ eine „fesche Funzn“ wird, aus „European Son“ ein „Weana Bua“ oder um den erlösenden Schuss am „Schwedenplatz“ gedealt wird.

Mag auch, wie David Pfister eingangs anmerkte, Lou Reed angesichts der Chuzpe, mit der die Buben sich das Fremdmaterial einverleibten, im Grabe rotieren, so hätte auch Ludwig Hirsch an dieser dunkelgrauen Messe seine Freude gehabt, hätte er sich nicht vor Jahren zu Tode gestürzt. Da selbst das absolut vollständige Covern eines Albums nicht abendfüllend ist, begeisterte Sir Tralala als Zugabe mit einer stimmigen Solo-Version von Lou Reeds „Perfect Day“ („Ihr kriegt, was ihr verdient!“), bevor die Band in die eigene Geschichte abtauchte und hingebungsvoll lärmig Songs von MGMT und den Babyshambles coverte, die sie schon als Neigungsgruppe gecovert hatten. Aus „Time To Pretend“ wurde „Scheene Leich“ mit Sir Tralala an der Country-Fiddle und aus dem Babyshambles-Hit ein schmissiges „G’Fickt für immer“, ein „Meta-Cover“ (Christian Fuchs), besser als das Original. Geht’s scheiß’n!