Regio Desk: Achim Wörner (wö)

Gewiss, Turner, Kaufmanns Kandidat, ist alles andere als ein Ewiggestriger. Ihm eilt der Ruf eines erfolgreichen Werbemachers voraus, der mit der Kampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ dem Land schon gute Dienste erwiesen hat. Und mit seinem Profil als parteiloser, unabhängiger, aber unionsnaher Kopf könnte er, so Kaufmanns Kalkül, im entscheidenden zweiten Wahlgang „Menschen jenseits der klassischen CDU-Wählerschaft ansprechen“. Denn aus eigener Kraft, das zeigt die Gesamtgemengelage, wird es die CDU am Nesenbach nicht schaffen. Doch Turner, in Stuttgart aufgewachsen und seit zwei Jahrzehnten im Osten der Republik und in Berlin lebend, ist für viele in der Union ein unbeschriebenes Blatt. Passt er zur Partei? Wie sieht sein Programm aus? Ist dessen politische Unerfahrenheit nicht ein zu hohes Risiko im aufreibenden Wahlkampf? Das sind Fragen, die die Basis bewegen – und die Turner in diesen Wochen in einem Terminmarathon mit Ortsverbänden und Mandatsträgern zu beantworten versucht. Eine kleine Unterstützergruppe hat sich schon gebildet um den Ex-Bürgermeister Rolf Thieringer und Schusters früheren Sprecher Stephan Schorn. Und auch die sozialen Netzwerke nutzt der gelernte Kommunikator Turner, dessen Familie tief verwurzelt ist in Stuttgart, um sich die Partei zu erschließen.

 

Erste Reaktionen zurückhaltend

Die ersten öffentlichen Reaktion mancher CDU-Hierarchen auf den Namen Turner waren derweil, vorsichtig formuliert, eher zurückhaltend. Der Landesvorsitzenden Thomas Strobl – ein Oettinger-Mann und in die Personalie eingeweiht – sprach lediglich von einem „interessanten Namen“ und ließ wissen, dass „andere Interessenten im Feld“ sind, „die auch Qualität und Gewicht haben“. Da war von Andreas Renner offiziell noch gar keine Rede. Nach Eisenmanns Vorstoß mehrten sich dann die Renner-Rufe. Und dass diese etwa auch von Peter Hauk kamen („Es sprechen alle Sachargumente für Andreas Renner als Kandidaten.“), irritierte Kenner der Partei nur im ersten Moment. Zwar ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass speziell die Landtagsfraktion, deren einflussreicher Chef Hauk ist, sich nicht in die Belange von Kreisverbänden einmischt. Doch Hauk ist ein Oettinger-Anhänger – und guter Renner-Freund.

Das moderne Familienbild verkörpern

Und Andreas Renner selbst? Der damalige Ministerpräsident Oettinger hatte den heute 52-Jährigen 2005 ins Kabinett geholt, auch um der CDU das Image der alten, bräsigen Tante zu nehmen. „Der Rebell wird Sozialminister“, lauteten die Schlagzeilen. Der zum dritten Mal verheiratete Politprofi sollte für die Union das moderne Familienbild verkörpern, ihr Sympathien auch jenseits der angestammten Wählerschaft einbringen. Renner hatte sich zuvor als OB der knapp 50 000-Einwohner-Stadt Singen am Hohentwiel in elfeinhalb Jahren seiner Regentschaft einen guten Ruf erworben, stolperte dann aber 2006 als Sozialminister nach kaum mehr als 200 Tagen im Amt über despektierliche Äußerungen, gerichtet an die Adresse des Bischofs Gebhard Fürst.

Unruhe bei den Christdemokraten

Denn seit der Stuttgarter CDU-Statthalter Stefan Kaufmann vor vier Wochen den parteilosen Unternehmer Sebastian Turner zur Nummer 1 für die Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl im Herbst erklärt hat, herrscht große Unruhe bei den Christdemokraten – und Susanne Eisenmann, die vor einem Jahr bei der Wahl zum Kreisvorsitz gegen Kaufmann unterlegen war, ist die Anführerin des Widerstands. Viel steht auf dem Spiel für die Union, wenn Stuttgarts Bürgerschaft im Oktober ein neues Stadtoberhaupt wählt. Und groß ist die Sorge in der Union, dass nach dem Regierungssitz der Villa Reitzenstein auch das größte Rathaus des Landes an die vor Selbstbewusstsein strotzenden Grünen verloren gehen könnte. „Das wäre“, sagt ein führendes CDU-Mitglied, „vollends der Super-GAU.“

Alte Seilschaften wirken bis heute nach

Auf den Namen Turner will Kaufmann selbst gekommen sein. Hartnäckig aber hält sich das Gerücht, Bundesbildungsministerin Annette Schavan im fernen Berlin stecke hinter der Personalie. Das wiederum weckt Erinnerungen, die nicht der Pikanterie entbehren: Schließlich hatte Schavan 2004 in einem mit harten Bandagen geführten unionsintern Wettbewerb nach der Krone des Ministerpräsidenten gegriffen – als Wunschnachfolgerin des unfreiwillig aus dem Amt geschiedenen Erwin Teufel und als Widersacherin von: eben Günther Oettinger.

Zwar behauptet der Kandidat Andreas Renner, dass „diese Dinge überwunden sind“ und die früheren Lager „nicht mehr funktionieren“. Und tatsächlich ist der Trennstrich zwischen den einen, die – wie weiland Oettinger – die CDU als eine moderne, großstädtische Partei profilieren wollen und den anderen, die – à la Teufel und Schavan – eher wertkonservative Werte herausstreichen, so einfach nicht mehr zu ziehen. Schließlich verkörpert auch Kreischef Kaufmann als bekennender Schwuler eine weltoffene Christdemokratie ohne Berührungsängste. Die Sympathieverteilung erfolgt denn auch nicht durchweg nach Lagerzugehörigkeit, sondern nach dem Format der Bewerber. Trotz manch gegenteiliger Beteuerung wirken aber doch die „alten Seilschaften bis heute nach“, wie ein Funktionär betont.

Turner - parteiloser, unabhängiger, aber unionsnaher Kopf

Gewiss, Turner, Kaufmanns Kandidat, ist alles andere als ein Ewiggestriger. Ihm eilt der Ruf eines erfolgreichen Werbemachers voraus, der mit der Kampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ dem Land schon gute Dienste erwiesen hat. Und mit seinem Profil als parteiloser, unabhängiger, aber unionsnaher Kopf könnte er, so Kaufmanns Kalkül, im entscheidenden zweiten Wahlgang „Menschen jenseits der klassischen CDU-Wählerschaft ansprechen“. Denn aus eigener Kraft, das zeigt die Gesamtgemengelage, wird es die CDU am Nesenbach nicht schaffen. Doch Turner, in Stuttgart aufgewachsen und seit zwei Jahrzehnten im Osten der Republik und in Berlin lebend, ist für viele in der Union ein unbeschriebenes Blatt. Passt er zur Partei? Wie sieht sein Programm aus? Ist dessen politische Unerfahrenheit nicht ein zu hohes Risiko im aufreibenden Wahlkampf? Das sind Fragen, die die Basis bewegen – und die Turner in diesen Wochen in einem Terminmarathon mit Ortsverbänden und Mandatsträgern zu beantworten versucht. Eine kleine Unterstützergruppe hat sich schon gebildet um den Ex-Bürgermeister Rolf Thieringer und Schusters früheren Sprecher Stephan Schorn. Und auch die sozialen Netzwerke nutzt der gelernte Kommunikator Turner, dessen Familie tief verwurzelt ist in Stuttgart, um sich die Partei zu erschließen.

Erste Reaktionen zurückhaltend

Die ersten öffentlichen Reaktion mancher CDU-Hierarchen auf den Namen Turner waren derweil, vorsichtig formuliert, eher zurückhaltend. Der Landesvorsitzenden Thomas Strobl – ein Oettinger-Mann und in die Personalie eingeweiht – sprach lediglich von einem „interessanten Namen“ und ließ wissen, dass „andere Interessenten im Feld“ sind, „die auch Qualität und Gewicht haben“. Da war von Andreas Renner offiziell noch gar keine Rede. Nach Eisenmanns Vorstoß mehrten sich dann die Renner-Rufe. Und dass diese etwa auch von Peter Hauk kamen („Es sprechen alle Sachargumente für Andreas Renner als Kandidaten.“), irritierte Kenner der Partei nur im ersten Moment. Zwar ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass speziell die Landtagsfraktion, deren einflussreicher Chef Hauk ist, sich nicht in die Belange von Kreisverbänden einmischt. Doch Hauk ist ein Oettinger-Anhänger – und guter Renner-Freund.

Das moderne Familienbild verkörpern

Und Andreas Renner selbst? Der damalige Ministerpräsident Oettinger hatte den heute 52-Jährigen 2005 ins Kabinett geholt, auch um der CDU das Image der alten, bräsigen Tante zu nehmen. „Der Rebell wird Sozialminister“, lauteten die Schlagzeilen. Der zum dritten Mal verheiratete Politprofi sollte für die Union das moderne Familienbild verkörpern, ihr Sympathien auch jenseits der angestammten Wählerschaft einbringen. Renner hatte sich zuvor als OB der knapp 50 000-Einwohner-Stadt Singen am Hohentwiel in elfeinhalb Jahren seiner Regentschaft einen guten Ruf erworben, stolperte dann aber 2006 als Sozialminister nach kaum mehr als 200 Tagen im Amt über despektierliche Äußerungen, gerichtet an die Adresse des Bischofs Gebhard Fürst.

Fest steht: die CDU hat zwei respektable Anwärter - aber einen geborenen OB-Kandidaten hat sie nicht.

Schuster zunächst skeptisch beäugt

Dabei wird leicht vergessen, dass auch Wolfgang Schuster einst kein geborener Kandidat gewesen ist – und er vor seinem ersten Antritt 1996 in der eigenen Partei Zweifeln ausgesetzt war. Lange wurde damals der Ludwigsburger Rathauschef Hans Jochen Henke favorisiert. Erst als dieser ins Bonner Verkehrsministerium abgewandert war, stiegen Schusters Aktien, der als Ziehsohn des scheidenden Manfred Rommel galt. Trotzdem suchten der starke Kreisvorsitzende Gerhard Mayer-Vorfelder und der einflussreiche Staatssekretär Christoph Palmer „verbissen“ nach Alternativen, wie es damals hieß. Rommel persönlich setzte Schuster schließlich in den Parteigremien durch. Und interessanterweise war es Palmer dann, der den zunächst so skeptisch beäugten Schuster als Wahlkampfmanager gleich zweimal zum Erfolg führte – dank eines „Meisterstücks an Taktik und Raffinesse“, wie Beobachter attestierten.

Ironie des Schicksals ist, dass Palmer, längst Minister geworden und als Kronprinz des in die Kritik geratenen Ministerpräsidenten Erwin Teufel gehandelt, nach Schusters Wiederwahl 2004 noch in der Siegesnacht Ende Oktober den Anfang vom Ende seiner eigenen politischen Karriere einläutete: wegen vorausgegangener interner Fehden verpasste er seinem Parteifreund Joachim Pfeiffer eine Ohrfeige und musste vom Regierungsamt zurücktreten. Auch Teufel kündigte seinen Rücktritt an – um den Weg frei zu machen für den an die Macht drängenden Günther Oettinger.