„Da Da Da“ von Trio schon einmal auf italienische gehört? Die Crucchi Gang, ein Projekt von Sven Regener, mixt deutschen Pop und italienische Lebenslust – und das klingt grandios!

Stuttgart - Einmal durch den Gotthard-Tunnel und schon ist man in Italien. Nur in diesem Jahr blieben solche Ausflüge meist ein bittersüßer, unerreichbarer Traum. Für all jene, die den Duft nach Sonnenmilch, Espresso und frischer Pasta so sehr vermissen, dass es schmerzt, gibt es jedoch ab sofort akustische Notfallseelsorge. Crucchi Gang nennt sich ein Zusammenschluss renommierter deutscher Pop-Musiker, der gerade eine Kompilation von Lieblingsliedern aus dem eigenen Repertoire herausgebracht hat – eins zu eins in die italienische Sprache übersetzt und mit aufgefrischten Arrangements. Laut der schicken Homepage der musikalischen Interessengemeinschaft entstand die Idee zum Projekt nach einem Bob-Dylan-Konzert, als Francesco Wilking von Die Allerhöchste Eisenbahn und Sven Regener von Element of Crime zusammen beim Bier saßen. Herausgekommen ist aber weder eine kneipenselig grölende Hommage an das deutsche Volks- und Trinklied in fremder Zunge noch eine nostalgische Liebeserklärung an den italienischen Pizzerien- und Eisdielen-Pop der Achtziger, der in Deutschland etwa dem Duo Al Bano und Romina Power, der Band Ricchi e Poveri und am raueren Rand auch Gianna Nannini zugeschrieben wurde.

 

Amore! Amore! Amore!

Die Crucchi Gang mit Musikern wie dem Schweizer Singer-Songwriter Faber („Vivaldi“), der Berliner Indie-Pop-Band Von Wegen Lisbeth („Wenn du tanzt“) oder dem Zürcher Duo Steiner & Madlaina („Wenn ich ein Junge wäre“) kreiert einen sinnlichen Sound mit Einflüssen aus Chanson, Jazz, Spaghettiwestern-Soundtracks, Easy Listening, Reggae, Ska und Disco-Funk.

Die Stücke des Albums sind allesamt bekannt, bekommen aber durch die italienische Übersetzung eine theatralische Dimension, wie etwa Fabers hinreißender Schmachtfetzen „Vieni qui“ (zu Deutsch „Komm her“). Der ist zwar schon in der Originalversion ein Gedicht; der italienische Gesang des frech-versauten Schweizers klingt aber hier so lasziv wie der einer von drei Flaschen Chianti angesäuselten Diva aus einem Fellini-Film, die, mit einem Cigarillo zwischen den Lippen, ihren Liebhaber bekniet, er möge doch bitte Amore mit ihr machen.

Extrem lässig und augenzwinkernd

Fabers jüngere Schwester Madlaina Pollina bereichert in der italienischen Fassung des Steiner-&-Madlaina-Stücks „Das süße Leben“ ihren stimmlichen Ausdruck um einige Nuancen zarter Mädchenhaftigkeit. Für Faber und Madlaina ist der Transfer allerdings recht einfach als Kinder eines italienischen Vaters. Beim norddeutschen Schriftsteller und Sänger Sven Regener klingt die fremde Sprache weniger verführerisch. In „Carta Bianca“, dem Titelstück des 1993 veröffentlichten Albums „Weißes Papier“, wirkt die hörbare Unbeholfenheit aber charmant. Während Regener in der deutschen Fassung knappe lakonische Verse knüpft, muss er das silbenreichere Italienisch schnell über die breit schwelgende Melodie mit im Hintergrund zirpender Mandoline, verhallter Gitarre und sehnsüchtig wimmernden Streichern singen, woraus sich eine angenehme Spannung ergibt.

Lässig und augenzwinkernd rückwärtsgewandt gibt sich Von Wegen Lisbeth mit „Al mio locale“ („Mein Lokal“), wo künstliche Synthesizer und ein funkiger Bass einen Abend in einem abgerockten italienischen Tanzschuppen zu Beginn der Achtziger simulieren. Crucchi ist übrigens ein eher abwertender Begriff für die Deutschen, die Krautköpfe. Hier ist es ein Synonym für die Sehnsucht deutscher Künstler, Lebensgefühl und Sound unserer Nachbarn zu verstehen. Der Crucchi Gang ist das grandios geglückt.