Am Samstag zeigt die ARD „Die Diplomatin“, den Pilotfilm zu einer TV-Reihe, die sich in die Welt der deutschen Außenpolitik stürzt. In der Titelrolle Natalia Wörner, die sich auf offiziellem Parkett ebenso versiert bewegt wie in den Hinterzimmern der Diplomatie.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Starke Frauen braucht das Land – und in Natalia Wörner wird zumindest die Fernsehnation nun fündig: Sie ist „Die Diplomatin“ und als Frau in der Welt der Diplomatie und Politik, um die es in dieser neuen TV-Reihe geht, noch immer nicht der Normalfall.

 

So sitzt in der Auftaktfolge „Entführung in Manila“ morgens um sechs im Auswärtigen Amt in Berlin ein rein männlich besetzter Krisenstab zusammen, um zu beraten, wie bei der Entführung von zwei deutschen Urlaubern auf den Philippinen zu verfahren ist. Die Sache ist heikel: Der Frieden zwischen philippinischer Regierung und Rebellen ist fragil und könnte durch waghalsige Interventionen zerbrechen. Der Krisenstabsleiter Thomas Eick (Thomas Sarbacher) schlägt vor, Karla Lorenz als Sonderbeauftragte nach Manila zu schicken, um die Geiseln aufzuspüren. Die Diplomatin ist zwar im Auswärtigen Amt in Ungnade gefallen, weil sie als Botschafterin in Bahrain einer von ihrem Ehemann, einem hohen Tier, misshandelten Frau zur Flucht verholfen und damit die Handelsbeziehungen gestört hat, aber ihre „Verbindungen“ auf den Philippinen könnten, so Eicks Kalkül, Gold wert sein: Die Rede ist von ihrer früheren Liaison mit dem ehemaligen Pressesprecher Jejomar Maceda (David Asavanond), der inzwischen zum Verteidigungsminister des Inselstaats aufgestiegen ist.

Ein Trumpf des Films: Natalia Wörner

In dem von der Ufa-Fiction für die ARD produzierten Format, von dem bislang eine zweite Folge geplant ist, treffen Staatsräson und die Exotik ferner Länder, Hinterzimmer-Diplomatie und moralische Integrität aufeinander. Die Idee, hinter den Vorhang der sogenannten diplomatischen Beziehungen zu blicken und zu zeigen, wie nicht Staatsoberhäupter und Minister, sondern das Personal in der zweiten oder dritten Reihe agiert, ist vielversprechend und originell. Allerdings kann „Die Diplomatin“, so wie Figuren und Plot angelegt sind, die bekannten TV-Schablonen zumindest in der Auftaktfolge nicht hinter sich lassen.

Dabei macht Natalia Wörners nuanciertes Spiel einiges wett. Sie macht überzeugend höflich-versierte Miene zum taktierenden, sich hinter Floskeln und Ritualen verschanzenden diplomatischen Spiel. Das gelingt der aus Stuttgart stammenden Schauspielerin („Die Kirche bleibt im Dorf“) womöglich auch deshalb so gut, weil sie als Vorbereitung auf ihre Rolle die Gelegenheit hatte, als Teil einer Kulturdelegation unseren Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Korea und Indonesien zu begleiten. So habe sie, sagt die 48-Jährige, Steinmeier und seinem Stab fünf Tage lang über die Schulter schauen und den Alltag der Diplomatie kennenlernen können.

Ungebundene Einzelgängerin

Gleichzeitig bringt Wörner hinter der Fassade der souveränen Staatsrepräsentantin auch eine Portion Unkonventionalität zum Vorschein. Ihre Karla Lorenz ist eine moralisch durch und durch aufrechte Person, die aber auch emotionale und humorvolle Seiten hat. Als ungebundene Einzelgängerin pflegt sie lediglich ein inniges Verhältnis mit ihrem Bruder. Ihr Chef Thomas Eick nennt sie zärtlich Charlie; ihre Vertrautheit deutet darauf hin, dass einmal mehr zwischen ihnen war.

Mehrmals lassen Buch und Regie einige Zusammenhänge im Dunkeln, auch der Bruch zwischen Lorenz und ihrem Vater (Michael Mendl) wird nur angetippt – so wird Neugier auf weitere Folgen geweckt. Mit Traumsequenzen, Zeitlupen-Schnipseln und verfremdenden Detailaufnahmen, etwa von einem zappelnden Insekt, setzt die Regisseurin Franziska Meletzky formal reizvolle Akzente. Zusammen mit Holger Joos hat sie auch das Drehbuch geschrieben. Bei der Schilderung der Landesatmosphäre aber vergibt dieses Duo seine Chancen. Trotz Garküchenszenen wirkt das philippinische Setting oft kulissenhaft, und der Militäreinsatz in dem Dorf, in dem die Geiseln versteckt gehalten werden, ist tatsächlich sehr unbeholfen in Szene gesetzt.

Schmutzige Mechanismen der Politik

Nach und nach deckt Lorenz mit Hilfe ihres smarten und engagierten Botschaftssekretärs Nikolaus Tanz (Jannik Schümann) die politisch-wirtschaftlichen Ranküne hinter der Entführung auf, in denen es um Staatsinteressen und illegale Waffenlieferungen geht und Udo Wachtveitl den als Gutmensch kaschierten Business-Strippenzieher Jörg Welke mimen darf.

Das Finale hinterlässt gemischte Gefühle: In einer dramatischen Überspitzung mutiert die Diplomatin zur Friedensmissionarin, die heldenhaft ihr Leben riskiert; gleichzeitig wird in den Schlussszenen einigermaßen glaubwürdig vor Augen geführt, wie die schalen, schmutzigen Mechanismen der Politik funktionieren. Um es diplomatisch auszudrücken: dieses neue Format hat durchaus Potenzial.