Die erste deutsche Frau im All Jenseits der Symbolik stellt sich beim Weltraumflug die Sinnfrage

Vier Menschen auf dem Weg in den Orbit: Raketenstart in Cape Canaveral. Foto: AFP/GREGG NEWTON

Rabea Rogge ist jetzt unsere Frau im All. Doch welchen Sinn hat es heute überhaupt noch, Menschen dorthin zu bringen, fragt Wissenschaftsredakteur Werner Ludwig.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Der Raumflug Rabea Rogges ist ein wichtiges gesellschaftliches Signal. Die 29-jährige Ingenieurin aus Berlin ist die erst deutsche Frau im Weltraum, der – von wenigen Ausnahmen abgesehen – bis heute eine Männerdomäne ist. Dass Rogge ausgerechnet in einer Dragon-Raumkapsel des Space-X-Eigentümers Elon Musk sitzt, entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie. Denn der US-Milliardär und umstrittene Trump-Berater ist alles andere als ein Vorkämpfer von Gleichberechtigung und gesellschaftlichem Fortschritt.

 

Die Eroberung des Weltalls durch den Menschen hat seit jeher hohe Symbolkraft. Lange ging es vor allem darum, im Konkurrenzkampf von Nationen und Machtblöcken technische Überlegenheit zu demonstrieren. Später galten Projekte wie die Internationale Raumstation ISS als wichtiges Instrument für Völkerverständigung und internationale Kooperation. Das hat eine Zeit lang tatsächlich funktioniert, doch seit einigen Jahren geht der Trend wieder in die entgegengesetzte Richtung.

Treiber des technischen Fortschritts

Jenseits aller Gleichberechtigungs-Symbolik stellt sich die Frage, welchen Sinn es heute noch hat, Menschen in den Weltraum zu bringen. Aus wissenschaftlicher Sicht kann man argumentieren, dass sich komplizierte Experimente in der Schwerelosigkeit (noch) nicht so weit automatisieren lassen, dass auf Menschen an Bord verzichtet werden kann. Richtig ist auch, dass das Ziel, Astronautinnen und Astronauten sicher ins All und zurück zu transportieren, auf vielen Gebieten zum technischen Fortschritt beigetragen hat.

Doch in einer Zeit, in der Roboter und autonome Systeme Leistungen vollbringen, die vor kurzem noch undenkbar schienen, gibt es zunehmend weniger vernünftige Gründe, Menschen dem Risiko von Raumflügen auszusetzen. Auch die Steuerung der Crew-Dragon-Kapsel ist weitgehend automatisiert. Viele andere Bereiche der Raumfahrt sind dagegen nach wie vor essenziell, um unsere Zivilisation am Laufen zu halten.

Die Crew der Dragon-Raumkapsel: Rabea Rogge, Eric Philips, Jannicke Mikkelsen und Chun Wang (von links). Foto: SpaceX

Ohne Satelliten würde die Navigation von Flugzeugen, Schiffen und Autos in Echtzeit nicht funktionieren. Zeitsignale von Satelliten dienen der Synchronisation von Computersystemen und ermöglichen so zum Beispiel rund um den Globus einen verlässlichen digitalen Zahlungsverkehr. Auch die Beobachtung der Erde und ihrer Atmosphäre ist dank Satelliten in nie dagewesener Präzision möglich. Mit der Verschärfung internationaler Konflikte rücken zudem militärische Aspekte wieder stärker in den Fokus.

Weltraumtourismus für Superreiche

Rogges Weltraumtrip zeigt, dass sich die Verhältnisse in der Raumfahrt grundlegend verändert haben. Anstelle öffentlicher Institutionen bestimmen zunehmend private Geldgeber das Geschehen – wie der Krypto-Milliardär Chung Wang, der die aktuelle Fram2-Mission finanziert hat und als Teil der vierköpfigen Crew selbst mit in der Raumkapsel sitzt. Noch können sich so etwas nur Superreiche leisten. Doch Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos sehen im Weltraumtourismus große Wachstumschancen für ihre Raumfahrtfirmen SpaceX und Blue Origin. Ohne sich größere Sorgen um die ökologischen Folgen touristischer Raumflüge zu machen – zur Not gibt es ja auch noch den Mars –, setzen sie auf den menschlichen Abenteuer- und Entdeckungsdrang, der die Raumfahrt von Anfang an begleitet hat.

Auch die junge Deutsche Rabea Rogge beweist mit ihrer Weltraummission eine gehörige Portion Mut. Der wissenschaftliche Nutzen ihrer Reise in den Orbit gilt jedoch als überschaubar. Ob eine staatlich finanzierte Organisation wie die Nasa dafür so viel Geld ausgegeben hätte, ist fraglich.

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