Dadizeele bei Ypern, 11. März 1915: Hilft der Glaube dem Einzelnen, mitten im Inferno des Kriegs durchzuhalten? Adolf Mann zweifelt daran. Manche Kameraden beteten, aber was helfe ihnen dies in unmittelbarer Gefahr?
Stuttgart - Mein liebes Weib! Es ist allmählich Zeit, dass wir hier in neue Verhältnisse kommen. Jeder Tag bringt seine Verluste. Wir haben nämlich ordentlich Artilleriefeuer bekommen, das uns glücklicherweise bis jetzt nur 2 Tote und einige Verwundete kostete. Herz, ich schreibe dir, weil du dich sicher nicht darüber aufregen darfst; denn ich hoffe bestimmt, dass bis in 8 Tagen uns das Wetter günstiger wird oder auf anderem Weg es eine Änderung gibt, dass ich also nicht mehr in diese Stellung komme. Außerdem sind solche Beschießungen, wenn ihnen nicht ein bestimmter Angriffsplan zu Grunde liegt – und dazu waren sie viel zu unbedeutend – außerordentlich vereinzelt. Herz, ich schreibe dir wiederum alles offen, weil ich fürchte du hörst auf anderem Weg in gröberer Form davon, und damit du die Ruhe hast, dass ich dir nichts Wichtiges verheimliche!
Unsere Leute verlieren gegenwärtig täglich an Nervenkraft. Gegenüber der drohenden Gefahr behauptet sich nicht bloß bei mir, sondern auch bei anderen am besten ein starker Wille und dann ein beweglicher frischer Geist. Das Christentum hilft manchen, aber es ist bei den meisten zu sehr außen angeklebt, um selbständig zu wirken. Über dem Lesen und Beten und dgl. vergessen sich viele, aber der von so vielen bekannte fatalistische Gedanke „in Gottes Hand“ bleibt gegenüber der unmittelbaren Gefahr bei den meisten wirkungslos.
Begleitend zur Serie gibt es die Geschichte von Elisabeth und Adolf Mann nun auch als Hörbuch.