Bezelaere bei Ypern, 22. April 1915: In Stuttgart liest Elisabeth Gaiser, wie ihr Freund über die Kriegsberichterstattung denkt. Wer den Krieg nicht selbst miterlebe, schreibt Adolf Mann, könne sich kein Bild vom Grauen machen.

Stuttgart - Gustav schrieb heute: wir erschaudern manchmal mehr als über die ernste Gefahr, in der ihr seid, über die Gleichgültigkeit bzw. Harmlosigkeit, mit der ihr sie tragt. Das klingt fast wie ein leichter Vorwurf; wie manche Briefe aus der Heimat uns nicht bloß sagen wollen, was Vaterlandsliebe, sondern auch was Todesbereitschaft, Kaltblütigkeit und Tapferkeit ist; wer das Leben hier außen nicht selber lebt, dem kanns daheim nicht gut beigebracht werden; und vor allem: wir befinden uns eben in vermehrter Todesgefahr, an die wir uns allmählich vollständig gewöhnen, wie man sich im Frieden an die weit geringere Möglichkeit eines Zufalltodes gewöhnt hat. Dann denke man z. B. an alle körperlichen Schmerzen und die Tatsache, dass sie 5 Sekunden danach restlos vergessen sind. Der Mensch bleibt, was er ist.(. . .)

 

Wenn jemand meint, der Anblick eines hundertfachen Sterbens, dieser Kriegsgrausamkeiten, müsse einen erfüllen und berücken, so ist da eben meine Natur wenig empfindlich dafür, einmal durch eine gewisse Gleichgültigkeit gegen alles von der Masse erlittene, infolge Mangels an sozialem Gefühl, dann aus der Erkenntnis, dass Mensch Mensch bleibt.(. . .)

Du bist mein Ein und Alles, meine Lebensauffassung, alles, bis ich wieder eins bin mit dir und dann wieder Ruhe für anderes habe.

Begleitend zur Serie gibt es die Geschichte von Elisabeth und Adolf Mann auch als Hörbuch.