Bezelaere bei Ypern, 4. März 1915: Dort, wo die Einheit von Adolf Mann kämpft, soll erstmals in der Geschichte des Kriegs Giftgas eingesetzt werden. Den jungen Soldaten aus Stuttgart beschleichen schlimme Vorahnungen.

 

Stuttgart - Bloß kurzen Bericht über eben erhaltene Instruktion; ich freute mich schrecklich für dich: Sturm aufgeschoben wegen ungünstiger Witterung. Bei uns soll nämlich zum ersten Mal ein auf dem Truppenübungsplatz Wahn ausprobiertes Mittel angewandt werden, ein auf dem Boden (schwerer als Luft) sich mit dem Wind fortbewegendes, den Feind im Umkreis von mindestens 2 km betäubendes (wahrscheinlich tötendes) Gas. Die Flaschen dazu sind bereits in unseren Stellungen eingegraben. Es wurden dann die nötigen Vorsichtsmaßnahmen mitgeteilt: Wir wurden mit Luftschwämmen oder was ähnlichem ausgestattet, die vor Vergiftung schützen. Außerdem sind natürlich noch besondere Maßnahmen für Unglücksfälle angegeben. Das Mittel wird lediglich bei unserer Division versucht.

So lässt sich also vieles Gerede der letzten Tage und Wochen erklären, namentlich, dass mit außerordentlich geringen Verlusten und mit großem Erfolg gerechnet wird. Aber wir sind vom Wind (Sü-Sost) und trockenem Wetter abhängig. Goldherz, wie ich von der Sache denke, schrieb ich dir schon, ich habe mich aber an den Gedanken gewöhnt; wenn es bloß Betäubung wäre, wäre ich zufrieden, würde es sogar für ein sehr gutes Mittel halten müssen. Aber das Vieh ist bis auf einen km umgekommen bei Anwendung von 4 Flaschen.

Schlimm wird’s bei uns nicht werden. Und für diese Kampfesart bin ich dann wenigstens noch ein bisschen vorgebildet durch meine chemischen Kenntnisse.

Begleitend zur Serie gibt es die Geschichte von Elisabeth und Adolf Mann nun auch als Hörbuch.

Eine Kostprobe aus dem Hörbuch:

Was zeitgleich passiert

Was zeitgleich passiert

Stuttgart bereitet sich darauf vor, dass der Krieg keineswegs so schnell gewonnen ist, wie die deutsche Heeresführung anfangs hoffte. In der Landeshauptstadt gelte von nun an eine Tagesration von 200 Gramm Mehl oder Brot am Tag, berichtet das „Stuttgarter Neue Tagblatt“. Jeder Bürger sei aufgerufen; „wenn es möglich ist, noch nach Kräften zu sparen“. Man möge darüber schimpfen, solle sich aber „bei unseren ehrenwerten Herren Feinden beschweren, die uns den Hungertod zugeschworen haben“. In der Stadt beginnt das Geschäft mit Not und Tod. In der Büchsenstraße bietet das Geschäft Haueisen & Reyscher Trauerkostüme und Mäntel in schwarzer Farbe an.