Die Firma Fischer in Weilheim Wie aus Schadstoffen wieder wertvolle Rohstoffe werden

Jörg Czischek erklärt die Bodenbehandlungsanlage in Weilheim. Foto: /Karin Ait Atmane

Nachhaltigkeit fängt beim Erdboden an. Die Firma Fischer Weilheim (Kreis Esslingen) sorgt dafür, dass er im Kreislauf bleibt – unter anderem mit einer Bodenbehandlungsanlage.

Die Halle ist groß: 3200 Quadratmeter Grundfläche, 15 Meter Höhe. Umso kleiner sind diejenigen, die in der biologisch-physikalischen Bodenbehandlungsanlage bei Fischer Weilheim arbeiten: Dort sind nämlich Mikroben am Werk und bereiten schadstoffbelastete Böden auf.

 

Der Blick in die Halle ist unspektakulär, Betonwände grenzen die Lagerboxen für Erdreich und Bauschutt voneinander ab. Manchmal liegt ein Geruch nach Tankstelle, nach Heizöl oder nach chemischer Reinigung in der Luft, je nachdem, welche Verunreinigung durch Kohlenwasserstoffe der eingelagerte Boden enthält. Diese Schadstoffe sind organisch abbaubar. Die belasteten Böden brauchen nicht einmal mit Bakterien gefüttert zu werden, denn die jeweils notwendigen Mikroorganismen sind bereits in ihnen vorhanden.

Eines der Projekte von Fischer war 2022 der Abbruch der ehemaligen Wirtschaftsschule in Stuttgart-Ost. Foto: Andreas Rosar/Archiv

„Das ist ein Prozess aus der Natur“, erklärt Jörg Czischek, der Bereichsleiter Entsorgungs- und Kreislaufwirtschaft bei Fischer. Gefördert wird die Mikroflora durch Wärme, bei 15 bis 20 Grad Celsius fühlt sie sich am wohlsten. Deshalb haben die Lagerboxen eine Fußbodenheizung, die mit 14 Erdsonden unter der Halle und der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach betrieben wird. Je nach Belastung dauert es zwischen einigen Tagen und einigen Wochen, bis die Böden aufbereitet sind. Dann, sagt Czischek, könnten sie häufig wieder dem Stoffkreislauf zugeführt, also ohne Bedenken wiederverwendet werden. Wenn nicht, sei die Schadstoffe zumindest soweit reduziert, dass das Material auf die Deponie gebracht werden kann.

In der Anlage steckt eine Menge Technik

Trotz des natürlichen Prozesses steckt eine Menge Technik in der Anlage. In ihrem Inneren herrscht Unterdruck, damit auch bei kurzzeitig geöffneten Toren keine Schadstoffe aus der Luft nach draußen entweichen. Die Abluft wird in einer komplexen Anlage gefiltert, in der teilweise ebenfalls Mikroorganismen aktiv sind.

Der Umgang mit belasteten Böden ist die tägliche Arbeit des Unternehmens. Fischer Weilheim ist spezialisiert auf Kreislaufwirtschaft, Recycling und Transportlogistik im Bausektor und deckt praktisch alle dazugehörigen Felder ab: den Rückbau von Gebäuden und anderem, das Sortieren und Analysieren des Materials, die Wiederverwertung oder Beseitigung, das Bodenmanagement, die Logistik und den Transport. Kurze Wege und geringer Ressourcenverbrauch sind dabei wichtige Grundsätze. So betreibt das Unternehmen direkt in Stuttgart, beim Kraftwerk Münster, mit zwei Partnern die Recyclingarena Neckartal. Denn in der Landeshauptstadt wird viel gebaut, und „was aus dem Kessel kommt, soll im Kessel bleiben“, heißt es.

Die Bodenbehandlungsanlage in Weilheim verkürzt ebenfalls viele Wege, denn früher waren die nächsten Adressen für die mineralische Aufbereitung von Böden Mannheim oder Nürnberg. Auch um sämtliche andere Baumaterialien und deren Wiederverwertung kümmert sich Fischer Weilheim, von Holz und Naturstein bis hin zu Beton oder Schotter. Gerade beim Boden sei vielen Außenstehenden nicht bewusst, wie wertvoll er sei. Möglichst viel davon will Fischer deshalb im Kreislauf behalten, zumal auch die Deponiekapazitäten in Deutschland knapp sind.

Patentiertes Verfahren für Umgang mit Flüssigboden

Auch bei Flüssigboden, mit dem hohlraumfrei Spalten oder tiefe Schächte verfüllt werden können, setzt die Weilheimer Firma auf Innovation. Zwar hat das Unternehmen diesen Baustoff nicht erfunden, aber ein patentiertes Verfahren entwickelt, das auch mit den Lehmböden in der Region Stuttgart zurechtkommt. Man habe es unter anderem bei den 14 Meter tiefen Schächten des Tunnelbaus für die Schnellbahnstrecke im Albvorland angewendet, erklärt Czischek. „Das war die erste Baustelle der Deutschen Bahn, bei der sie Flüssigboden zugelassen hat“, sagt er mit einigem Stolz.

Ein weiteres innovatives Großprojekt ist in Planung: eine Behandlungsanlage für teerhaltigen Straßenaufbruch. Dessen Aufbereitung ist anspruchsvoll, denn er muss zunächst stark erhitzt werden, um die enthaltenen Polycyclischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe abzubauen. Übrig bleiben dann 95 Prozent des Ausgangsmaterials in Form von Grobsand, Kies, Splitt und Feinsand. „Bislang musste man dafür nach Rotterdam fahren“, sagt Czischek. Mit der neuen Anlage namens Vesta soll dieses Verfahren auf der Schwäbischen Alb, zwischen Amstetten und Urspring, möglich werden.

Facetten der Nachhaltigkeit

Viele Ansätze
Der Anspruch, nachhaltig zu wirtschaften, schlägt sich bei Fischer Weilheim auf verschiedenen Ebenen nieder. So läuft im Recyclingpark Neckartal in Stuttgart die erste vollelektrische Brecheranlage. Auf dem Firmengelände in Weilheim wird das Wasser aus der Lastwagen-Waschanlage aufbereitet und dem Löschteich zugeführt. Eine Tochter des Unternehmens, die UTL Bahnlogistik, kümmert sich um Baustofftransporte auf der Schiene. Und für die eigenen Mitarbeiter bietet Fischer eine interne digitale Plattform, auf der sie Kleinmengen von Baustoffen erwerben können.

Zahlen
Fischer Weilheim wurde 1927 von Karl Fischer als Transportunternehmen gegründet. Baustoffaufbereitung und Recycling gehörten schon immer zur Philosophie und zum Geschäft. 1982 hat die Firma die erste Recyclinganlage in Betrieb genommen. Heute hat das Unternehmen eine Reihe von Standorten im süddeutschen Raum und insgesamt rund 400 Beschäftigte, davon rund 160 in der Zentrale in Weilheim. 100 Lastwagen und 130 Baumaschinen bewegen bis zu 35 000 Tonnen Material täglich.

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