Plötzlich Königin: Victoria von Schweden wird nicht nur ihrer Tochter Estelle ein großes Vorbild sein, sondern auch Standards für die künftige Generation der Thronfolgerinnen aus Norwegen, Spanien, den Niederlanden und Belgien setzen. Die Gleichberechtigung ist im Adel angekommen.

Stuttgart - In vielen royalen Familien sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten zuerst Mädchen auf die Welt gekommen, somit gehört die Zukunft den Königinnen. Ingrid Alexandra von Norwegen, 15, Leonor von Spanien, 13, Estelle von Schweden, 7, Amalia der Niederlande, 15, und Elisabeth von Belgien, 17, sind eine Generation künftiger Königinnen, die Europa einmal prägen wird. Die Gleichberechtigung ist in den meisten europäischen Adelshäusern inzwischen rechtlich durchgesetzt – auch die Prinzessinnen können das Zepter übernehmen.

 

Königinnen gelten als sehr diszipliniert

Zunächst wird Kronprinzessin Victoria von Schweden (42) als einzige weibliche Thronfolgerin in der kommenden Generation den Thron besteigen. Als der schwedische Reichstag 1980 die männliche Erbfolge aufhob, war Prinzessin Victoria zwei Jahre alt, ihr Bruder Carl Philip sieben Monate. König Carl XVI. Gustaf machte keinen Hehl daraus, dass er lieber seinen Sohn als Nachfolger gesehen hätte. Inzwischen wird er vermutlich eines Besseren belehrt worden sein. Schließlich ist seine Tochter eine der beliebtesten Adeligen Europas.

Königin Elizabeth II., Königin Margrethe von Dänemark, die ehemalige Königin Beatrix der Niederlande – sie alle gelten als sehr diszipliniert und beliebt bei der Bevölkerung. Im Gegensatz dazu haben ein paar männliche Regenten ihrem Namen alles andere als Ehre gemacht. Man denke an den Skandal um König Carl Gustaf von Schweden vor einigen Jahren, als das Buch „Der widerwillige Monarch“ erschien. Darin enthüllten die Autoren Kristoffer Lind und Thomas Sjöberg unter anderem seine angebliche Affäre in den 90er Jahren mit der Army-of-Lovers-Sängerin Camilla Henemark. Der Ruf des ehemaligen Königs von Spanien, Juan Carlos, litt ebenfalls – wegen einer Elefantensafari mit seiner deutschen Freundin und dem Korruptionsskandal um seine Tochter Cristina. Auch diverse Vaterschaftsklagen beziehungsweise uneheliche Kinder sind unter den männlichen Regenten im europäischen Adel keine Seltenheit.

Königinnen müssen Kinder und Karriere unter einen Hut bringen

Sind Frauen gar die besseren Monarchen? Was die öffentlichen Skandale angeht offenbar allemal. Andererseits haben es Frauen auf dem Thron vermutlich schwerer als Männer, denn sie stehen vor ähnlichen Hürden wie bürgerliche Frauen, die Beruf und Familie vereinbaren wollen – abgesehen davon, dass Adelige anders als der Normalbürger auf mehrere Kindermädchen zurückgreifen können. Zumal ein bewusster Verzicht auf Kinder für Thronfolgerinnen nicht drin ist. Schließlich müssen sie trotz aller Fortschrittlichkeit, die inzwischen in den meisten Königshäusern angekommen ist, die Dynastie sichern. Empfänge, Einweihungen, Presseauftritte, Bankette, Inlands- und Auslandsreisen: der Job als Staatsoberhaupt ist zeitintensiv und nicht gerade familienfreundlich.

Königin Silvia möchte nicht, dass ihr Mann abdankt

Das erlebte auch Elizabeth II. als junge Königin. Als ihr Vater, König George VI, 1952 starb, war Charles drei Jahre alt und seine Schwester Anne ein Jahr. Die Kinder der Queen wuchsen fortan hauptsächlich bei Nannys auf, manchmal sahen sie ihre Mutter wochenlang nicht. Vielleicht kommt auch deshalb eine Abdankung von König Carl Gustaf von Schweden nach Ansicht seiner Frau, Königin Silvia, nicht in Frage. „Wir sehen keinen Grund an die nächste Generation zu übergeben“, sagte die 75-Jährige in einem Interview mit der „Bunten“ vor ein paar Jahren. Die Tradition der Abdankung gebe es in Schweden, Dänemark und Norwegen nicht. Sie als Mutter wolle zudem ihrer Tochter, Kronprinzessin Victoria, die Zeit geben, ihre Kinder in Ruhe aufwachsen zu sehen. Der Thron sei ein schweres Amt.

Wann und unter welchen Umständen Prinzessin Victoria die Thronfolge antritt – in ihrer Generation wird sie die einzige Frau sein. Bürde und Chance zugleich: Nicht nur für ihre Tochter Estelle, sondern auch für Elisabeth von Belgien, Leonor von Spanien, Amalia der Niederlande und Ingrid Alexandra von Norwegen wird Victoria das große Vorbild sein.