Auch die dritte und letzte Staffel der auf Sky laufenden Scheidungsserie „Divorce“ zeigt uns die USA als Spießerhölle – nicht zuletzt dank der tollen Sarah Jessica Parker als frustriertes Opfer eines Rosenkriegs.

Stuttgart - Mein wunderbarer Waschsalon“, so nannte Stephen Frears 1985 seinen Spielfilm, der zu einem Baustein des britischen Kinowunders wurde. Dass Waschsalons wunderbar sind, ist aber eigentlich nur der Wunschtraum findiger Marketingstrategen: Seit sich das Unterwäschemodell Nick Kamen in einem Reinigungscenter werbewirksam seiner Levis entledigt hat, stehen diese Orte für liberale Geselligkeit. Geselligkeit könnte also auch herrschen, wenn die wohlgeformte Frances von heiterem Sixties-Soul unterlegt in die rotierende Waschtrommel blickt und dazu sanft lächelt. Könnte.

 

Tatsächlich ist der Ort, an den Frau Dufresne ihre Hausarbeit verlagert, so öde, wie Waschsalons nun mal sind – und damit sogar noch öder als ihr Dasein insgesamt. Das zeigt sich nach dem Schleudern, als sie einen Sack sauberer Kleidung missmutig durch New York in die Leere ihres Apartments schleppt, wo die Kunstgaleristin auch noch ihre Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt verkraften muss. Von wegen liberal, gesellig, wunderbar! In Frances Leben regiert Einsamkeit, gepaart mit Tristesse und Verzweiflung, woran die dritte Staffel einer bemerkenswerten Fernsehserie keine Zweifel lässt.

Im Trümmerfeld der Scheinidylle

Sie heißt „Divorce“, auf Deutsch: Scheidung. Und weil das HBO-Format den unendlichen Trennungsprozess der Eheleute Dufresne jetzt auf Sky abermals auskostet, als wäre es eine achtgängige, von einem Sternekoch zubereitete Henkersmahlzeit, ist auch das Finale sehr appetitlich. Formell ist die Scheidung längst vollzogen; emotional vegetiert Frances weiterhin im Trümmerfeld einer Scheinidylle, aus dem auch ihr Ex-Mann Robert nur schwer verwundet entkommen ist. Dass er nun parallel zum deprimierenden Waschausflug von Frances ein Ultraschallbild bewundert, gemacht vom Bauch seiner Verlobten, ist ein dramaturgisches Ablenkungsmanöver.

Das Ende eines jahrzehntelang eher ver- als erfüllten Bundes fürs Leben zieht alle Beteiligten an den Abgrund ihrer routinierten Gewohnheiten. Wie in den ersten zwei Staffeln entspinnt sich zwischen männlicher Sprachlosigkeit, weiblichem Redefluss und kindlicher Wut auch diesmal ein virtuoser Balanceakt kommunikativer Missverständnisse. Und erneut verkörpert ihn das Ensemble, ganz besonders Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker, mit abgebrühter Spielfreude. Anders als in ihrer Konsumgören-Freakshow „Sex and the City“ stellt Parker den Lifestyle-Fetisch ihrer Figur nicht affektiert aus, sondern zeigt ihn als Folge der inneren und äußeren Verkarstung des US-amerikanischen Wohlstandsspießers, den HBO hier weit mehr in den Mittelpunkt stellt als alle Beziehungsprobleme zusammen.

Unwucht im Paarverhalten

Schein und Sein gehen auf dieser schrankwandmöblierten Oberfläche so nahtlos ineinander, dass Männer unattraktiv, alt und kommunikationsgestört sein und sich dennoch blutjunge Schönheiten angeln können – der Gatte von Frances, gespielt von Thomas Hayden Church, macht das so. Diese Unwucht im Paarverhalten saturierter Großstadtgewächse nicht nur komödiantisch auszuschlachten ist vor allem das Verdienst der Serienschöpferin Sherry Horgan. Dank ihrer präzisen, nie voyeuristischen, selten plakativen Charakterzeichnung wirkt jede Figur in ihrer Verlorenheit geborgen und lehrt uns mehr übers Bildungsbürgertum made in USA als jede Doku.

Während ein gemeinsames Dinner von Ex-Partnern mitsamt ihren schwangeren Ersatzbeziehungen im deutschen Fernsehen nur satirisch denkbar ist, wirkt das komplett unvereinbare Quartett in der harmoniesüchtigen Spießerhölle von „Divorce“ fast zwingend: Es sind Momente der Fremdscham, in denen die im widerlichen Waschsalon der Gefühle spielende Serie ihren Sog entfaltet.