Die Kornwestheimer Fasnet-Zunft startet am Dienstagabend einen der traditionell letzten Faschingsumzüge der Saison – in einem ganz besonderen Outfit.

Eine Schar Schlafwandler? Keineswegs! Im nächtlichen Gewand sind die Hemdglonker am Dienstagabend um punkt 19.01 Uhr beim Faschingsumzug im Stadtpark von Kornwestheim losgezogen. Nun ja, oder zumindest fast pünktlich. Denn bis die letzten Narren der Fasnet-Zunft in ihren Nachthemden und Schlafanzügen von der Rechberghalle eingetroffen waren, musste Thomas Holz mit seinem Ruf „Hört ihr Leut und vernehmet und wisst, dass der Glonker geboren ist heut“ noch warten.

 

Doch wer wie der Maskenmeister für so eine traditionelle und auf alemannische Bräuche zurückgehende Fasnet brennt, der wartet gerne etwas. Kurz darauf startete die Schar mit Ratschen und Trommeln lärmend durch den Park. Mit Laternen will die Zunft Licht in das Dunkel tragen. Vor allem Kinder staunten beim Anblick der gut 50-köpfigen lärmenden Schar mit offenen Mündern.

Der Schmuck ist aus Rosshaar gefertigt

„Während der Pandemie haben wir uns überlegt, ob wir nicht anstelle eines Umzugs einfach eine Demonstration anmelden“, sagte ein Narr etwas verwaltungsverdrossen. Heutzutage sei es nämlich oft leichter, die Genehmigung für eine solche zu erhalten, als für einen traditionellen Faschingsumzug mit kulturellem Hintergrund. Einst zog der gar durch die ganze Stadt – vom alten Dorf bis zum vollen Salamander-Festsaal.

Bereits seit 1976 laufen die Hemdglonker als einer der letzten Umzüge der Fasnet. Schließlich wollen sie böse Geister von ihrer Fasnet fernhalten. Schon an der Tracht der Glonker erkennt man: Kornwestheim war früher eine reiche Stadt. Fruchtbare Böden ernährten die Menschen gut. Der Schmuck der „Strickle und Früchdle“ ist aus Rosshaar und zeigt, wie gut Mensch und Vieh genährt waren, erklärt Zunftmeister Andreas Engel. Auf dem Leiterwagen vorne am Festumzug steht hinter einer geschnitzten Maske eine Musikbox: Tradition trifft auf Moderne.

Jeder ist bei den Hemdglonkern willkommen

Im Anschluss geht es noch weiter in die Rechberghalle zu einem Hemdglonkerball. Helferscharen warten hier bereits auf die eintreffenden Gäste. Wer kein Nachthemd sein eigen nennt, wird am Eingang spontan damit versorgt. Denn schließlich soll die Polonaise später aus Zipfelmützenträgern bestehen. Bei manchen im Saal herrscht aber trotz aller Freude etwas Wehmut, weil sich der Saal heute viel schwieriger füllen lässt als in früheren Jahren.

Der Hemdglonkerumzug sei schließlich der einzige, wo jeder mitmachen könne, sagt Markus. Er ist seit 40 Jahren dabei. Seine Frau Simone ergänz: „Es ist so eine schöne familiäre Atmosphäre hier.“ Mit ihrer närrischen Begeisterung haben sie ihre Kinder Tilli, 15 Jahre, und Julian, 19 Jahre angesteckt. „Ja, die Leidenschaft für Fasching ist mir von meinen Eltern ins Blut mitgegeben worden“, so Julian. Deshalb lässt auch er weiter die närrische Zeit hochleben.