Der Konstrukteur Christof Wolfmaier wird neuer Rektor der Hochschule. Für ihn ist vor allem das Design das Wichtigste am Auto. Und das Wichtigste an der Hochschule? Eine anwenderorientierte Forschung, die den Menschen zum Mittelpunkt hat.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Wenn man das Leben als eine Reise begreift, dann war das Auto für Christof Wolfmaier, 57, den neuen Rektor der Esslinger Hochschule, in doppeltem Sinne ein Transportmittel. Es brachte ihn nicht nur zuverlässig von A nach B, sondern es beförderte ihn auch von seiner Lehrstelle im Autobau bis in den Chefsessel einer der wichtigsten Fahrzeugtechnik-Schulen in Deutschland.

 

Prototypen von Daimler und Porsche

Wenn er am 21. Oktober als Nachfolger von Christian Maercker inauguriert wird, hat Christof Wolfmaiers Karriere ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Begonnen hat sie im Stuttgarter Osten, wo er nach dem Tode seines Vaters eine Lehre bei einer kleinen aber sehr feinen Firma begann, die vielen noch ein Begriff sein dürfte. Die Firma Karl Baur lebte nicht nur von Prototypen für Daimler und Porsche, sondern auch von schnittigen Flitzern, die sie aus Serienautos herstellte. Bekannt sind Baurs elegante Cabrios vor allem von BMW. Obwohl Baur eine ausgewachsene Fabrik unterhielt mit Pressen, Stanzen und einer Sattlerei, war es ein Familienbetrieb. Man achtete auf seine Mitarbeiter und ermutigte sie, sich auszubilden. Die Hamburger Wagenbauschule schien für den talentierten Karosseriebau-Lehrling Wolfmaier mit Interesse für Leichtbau eine gute Adresse zu sein.

Wer jetzt die Begriffe Leichtbau, Autos und Hamburg nicht zusammenbringt, dem stellt Christof Wolfmaier gern folgende Frage: „Wo braucht man den Leichtbau am meisten: beim Auto, beim Flugzeug oder beim Schiff?“ Und wer jetzt richtig auf das Schiff tippt, der hat beim neuen Rektor einen Stein im Brett.

Verglichen mit dem gigantischen Volumen eines Supertankers ist die Blechhülle außenrum tatsächlich nicht mehr als ein dünnes Häutchen. In Hamburg lernte er die Statik von dünnwandigen Strukturen und wie man Bleistifte der Härte 8 auf den Zehntelmillimeter spitzt. Außerdem lernte er Anfang der 90er-Jahre etwas Revolutionäres: CAD, computergestütztes Design. Mit dem elektronischen Zeichenbrett kam er wieder zu Karosserie Baur zurück und bekam auf einmal ein Projekt übertragen, das ihn und die Firma in eine neue Dimension brachte. Bei Porsche hatte die Ära Wiedeking begonnen. Die Firma war mal wieder kurz vor der Pleite gestanden, und der „Boxster“ sollte das Unternehmen retten. Mit diesem neuen Roadster schafften es die Entwickler, Porsche zu neuen Höhen zu führen.

Er verpfändete Haus und Hof

Während Porsche Glanzzeiten erlebte, ging Karosserie Baur pleite. Wolfmaier tat etwas, was man in dieser Situation niemandem raten sollte. Er verpfändete Haus und Hof für etwa zehn CAD-Arbeitsplätze und gründete ein Konstruktionsbüro, das weiter für Porsche tätig war. Noch heute steht das Modell eines Porsche Boxters auf Wolfmaiers Schreibtisch und kündet von dieser ziemlich anstrengenden Zeit in seinem Leben.

Schon zuvor hatte er seine Lehrtätigkeit im Fachbereich Karosserie-Konstruktion an der Esslinger Hochschule angefangen, die nach und nach zu seiner Hauptbeschäftigung werden sollte. „Ein Auto ist das Haus, mit dem wir reisen“, sagt Wolfmaier, „eine Verbindung von Ästhetik und Technik mit ökologischen und sicherheitstechnischen Aspekten“. Das Design der Karosserie steht für ihn ganz klar im Vordergrund. Das musste er erst in dem Haus an der Esslinger Kanalstraße publik machen. Denn die Hochschule Esslingen kommt traditionell vom Maschinenbau her und hat sich zuvor vor allem für Motoren, Lenkung und für das Fahrwerk interessiert.

Der Mensch muss im Mittelpunkt bleiben

Für die Zukunft der Hochschule propagiert Wolfmaier eine anwenderorientierte Forschung, die den Menschen zum Mittelpunkt hat. „Ohne Forschung ist eine gute Lehre nicht möglich“, sagt er. Gegen die ideologische Kritik am Auto nimmt Christof Wolfmaier eine wissenschaftlich fundierte Haltung ein, denn er weiß, mit der Zukunft des Automobils entscheidet sich auch ein Stück weit die Zukunft der Hochschule in Esslingen.