Michèle Marchand ist die diskreteste, aber auch mächtigste Kommunikationsberaterin des präsidialen Paars. Nun schlägt eine Biografie über „Mimi“, wie die Branche sie nennt, in Frankreich hohe Wellen.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Paris - Sie blickt hinter die Kulissen der französischen Prominenz, öffnet die Alkoven der Paläste – aber wenn es um sie selbst geht, macht Michèle Marchand dicht. Auf einem ihrer seltenen Fotos zeigt „Mimi“, wie die Branche sie nennt, mit dem Drohfinger auf die Kameralinse, während ihr Blick sagt: „Dich werde ich auch noch kriegen.“ Bei Wahlmeetings von Nicolas Sarkozy saß sie in der ersten Reihe, und nun begleitet sie die Präsidentengattin Brigitte Macron bei öffentlichen Anlässen.

 

Doch obwohl sich die 71-Jährige immer mehr in der Pariser Politik und deren Blitzlichtgewittern bewegt, gibt es erstaunlich wenige Bilder von der Klatschjournalistin. Sie zieht die Fäden aus dem Hintergrund. Das bekamen auch die drei Journalisten Jean-Michel Décugis, Marc Leplongeon und Pauline Guéna zu spüren, die in dieser Woche eine Biografie der, wie sie schreiben, „mächtigen und gefürchteten“ PR-Frau veröffentlicht haben. „Zu heiß, ihr wisst nicht, worauf ihr euch da einlasst . . .“, warnte ein Paparazzo die Rechercheure. Das Buch erschien trotzdem, inklusive eines Fotos von Marchand hinter einem dossierbeladenen Bürotisch im Elysée – dem Arbeitsplatz des Präsidenten.

Von der Werkstatt übers Nachtleben zur Politelite

Begonnen hat sie als Angestellte einer Pariser Werkstatt. Später suchte sie ihr Glück in Kalifornien, hatte aber in der Liebe kein gutes Händchen. Zwei ihrer Männer landeten im Gefängnis. Zurück in Paris entdeckte sie eine Nische im Nachtleben und zog Bars für lesbische Frauen auf. Ihre Berufung entdeckte sie 1996, als sie für das Klatschblatt „Voici“ tätig wurde. Nach einem vermutlich erfundenen Interview mit einem Leibwächter der in Paris verunglückten Briten-Prinzessin Diana musste sie abtreten. Als Chefin ihrer eigenen Bildagentur entdeckte sie eine neue Sparte für die Regenbogenpresse – die Politik. Mit einem Strandbild der Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal im Bikini provozierte sie 2006 einen Dammbruch in dem Land, wo die Privatsphäre heilig war. Später lieferte „Mimi“ die ersten Bilder zu Sarkozys Liaison mit dem Topmodel Carla Bruni. Dass sie auch hinter den peinlichen Fotos von François Hollande beim Besuch seiner Geliebten Julie Gayet steckte, bestreitet sie.

Exklusivrechte über das private Image des Präsidentenpaars

Laut der nicht autorisierten Biografie hat sich Marchands Agentur Bestimage im Mai 2017 die Exklusivrechte über das „private Image“ der Macrons gesichert. Die Herrscherin über einen ganzen Fotografenpulk sucht demnach jeden Donnerstag den Präsidentenpalast auf, um das Paar zu beraten. Dass eine Paparazzi-Agentin das präsidiale „Storytelling“ bebildert, passt allerdings schlecht zu Macrons Wahlkampfversprechen von 2017, er werde sein Privatleben nicht in der Boulevardpresse ausbreiten. Mimi arbeitet vor allem für bunte Blätter wie „Voici“, „Gala“, „Paris-Match“. Sie beklagen sich nicht, wenn Macrons Pressefrau Sibeth Ndiaye sagt, sie stehe „völlig dazu zu lügen, um den Präsidenten zu schützen“. Tageszeitungen wie „Le Figaro“, „Le Monde“, „Libération“, die solche Aussagen kritisierten, werden von Mimi nicht bedient – und von Macron eher gemieden. Dazu passt, dass der Präsident das seit de Gaulles Zeiten im Elysée-Hof angesiedelte Büro der Agence France Presse aus dem Palast verbannt hat.

Je weniger die traditionellen Politmedien direkt aus dem Elysée berichten, desto mehr Einfluss gewinnt Mimi. Sarkastisch schreiben die drei Biografen, Bestimage sei heute Macrons „beste politische Presseagentur“. „Le Monde“ ätzt, wie rasch die Mata Hari der People-Blätter in den innersten Zirkel der Macrons vordringen konnte: „Das Präsidentenpaar hat der Königin der Paparazzi, die lange in den Hinterzimmern von Nachtclubs verkehrte, mit bemerkenswertem Leichtsinn die Tür geöffnet.“