Region: Verena Mayer (ena)

Und jetzt rasch nach Erbach. Obwohl Ronja Schmitt fast eine halbe Stunde zu spät kommt, sind die Gastgeber nicht sauer. Sie lächeln, als die junge Frau aus ihrem Smart steigt und sich einen Weg über die Straße bahnt, die mit Personen- und Lastwagen verstopft ist. Eigentlich ist es ganz gut, dass Ronja Schmitt auf ihrer abendlichen Fahrt nach Erbach wegen der Blechmassen kaum vorankam. Hat sie immerhin gleich am eigenen Leib erlebt, wie schrecklich die Zustände sind. Kann sie umso vehementer in Berlin dafür kämpfen, dass die Stadt eine Umgehungsstraße bauen darf.

 

Eine Bürgerin sagt: „Ich finde es toll, dass Sie sich um uns kümmern.“ Sie tätschelt Ronja Schmitt die Schulter. Wahrscheinlich ein Reflex: junge Frau hat Großes vor, ältere Frau macht ihr Mut.

Die Masterarbeit muss nebenher laufen

Ronja Schmitts Karriereplan sah vor, dass sie in Italien, genauer gesagt in Pavia, ihre Masterarbeit über die Energieversorgung Indiens und Chinas schreibt. Nebenbei hätte sie Bewerbungen verschickt und schließlich eine gut dotierte Stelle in einem schwäbischen Unternehmen ergattert. Doch dann wurde aus der angehenden Ökonomin die nachrückende Politikerin. Ronja Schmitt beriet sich mit ihren Eltern, stellte sicher, dass sie ihre Abschlussarbeit auch von Berlin aus schreiben kann, und entschied dann, das Amt, wie sie sagt, „in Demut anzunehmen“. Ihre Fraktion entsandte sie in den Europa-Ausschuss und bestimmte sie zu einem der 64 Schriftführer, die an Sitzungstagen Protokoll führen.

Ronja Schmitt hat nun kaum noch Gelegenheit zum Joggen, keine Zeit mehr für spontane Treffen mit Freunden, und ihr WG-Zimmer in Moabit betritt sie oft nur zum Schlafen. „Es gibt schon sehr anstrengende Tage“, sagt sie. Und warum der ganze Stress? Weil, erklärt Ronja Schmitt bestimmt, sie die Interessen der Bürger im Wahlkreis 291 gut vertreten wolle. Und auch die Interessen der jungen Generation. Mütterrente, Betreuungsgeld, Bafög-Reform, Pflegegesetz, Haushaltsplan, erneuerbare Energien – hat alles Folgen für die Junioren von heute. „Ein Miteinander der Generationen ist mir ein zentrales Anliegen“, sagt Ronja Schmitt.

Erfahrene Helfer im Büro

Ihr Büro liegt zwischen Spree und Reichstagsgebäude im Paul-Löbe-Haus. Sechster Stock, Blick in den Himmel, zwischen Laptop und Telefon eine Orchidee und der VfB-Wimpel. Die Terminmappe auf dem Tisch ist so dick, als stecke ein halber Wald darin. Treffen am Leibniz-Institut, Gespräch mit dem italienischen Botschafter, Einladung zu Jens Weidmann. Was man halt macht, um Netze zu knüpfen. Dann noch die Fraktions-, Ausschuss- und Plenarsitzungen. Und bloß nicht zu vergessen: die Versammlung des CDU-Kreisverbandes in Ulm und die Nominierung des Kandidaten in Ehingen für die Landtagswahl. Wo zusagen? Wo absagen? Muss man klären – sobald Ronja Schmitt die Besuchergruppe aus dem Ländle verabschiedet hat.

Die Nachrückerin löst viel Skepsis aus

Eine Abgeordnete, die niemand kenne und von niemandem gekannt werde, sei keine Hilfe, lästerte die Parteibasis. Nachdem Ronja Schmitt den VfB-Bundestagsfanclub mitgegründet hatte, spottete das Hauptstadtblatt „Die Welt“, besser als bei den Spielen des Stuttgarter Erstligavereins könne man sich auf den Kampf gegen einen drohenden Untergang kaum einstimmen. Junge Menschen mit sehr wenig Berufs- und Lebenserfahrung hätten im Bundestag nichts zu suchen, schrieben allerhand Leserbriefschreiber.

Womöglich haben diese Reaktionen Ronja Schmitt verletzt. Das sagt sie aber nicht, sondern: „Es ist, wie es ist. Es gibt immer Dinge, die jemandem nicht passen. Selbst wenn ich zehn Jahre Berufserfahrung hätte, wüsste ich nicht alles, was die Leute bewegt und drückt.“ Außerdem sei ihre Lernkurve extrem steil. Mit jedem Termin komme neues Wissen hinzu.

Von der Synagoge düst Ronja Schmitt in die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Deren Ärztlicher Direktor Jörg Fegert macht sich Sorgen um das Kompetenzzentrum Kinderschutz, das er auch leitet. Wenn sich keine neue Geldquelle auftue, könnten die Mitarbeiter misshandelten und missbrauchten Kindern nicht mehr so gut helfen wie jetzt. „Wenn wir Sie positiv begleiten und unterstützen können, wollen wir das gerne tun“, sagt die Abgeordnete, die mit übereinandergeschlagenen Beinen auf der Couch sitzt und sehr ernst schaut.

Der Terminkalender ist proppenvoll

Weiter zu Max Semler. Er ist Seniorchef einer Vorzeigeschreinerei und Kreishandwerkermeister. Max Semler zeigt der Besucherin moderne Fenster, sichere Türen und bestellt Grüße von der Schwiegertochter, die auch mal in Calw gelebt hat. Dann sagt der Kreishandwerkermeister: „Die Rente mit 63 bereitet mir ganz viel Sorge, Frau Schmitt!“ Wie viele gute Arbeitskräfte würden den Betrieben dadurch wohl verloren gehen? Die Politikerin antwortet: „Es ist ja bekannt, dass die Rente mit 63 kein Herzensprojekt der CDU war, sondern ein Kompromiss.“ Dem Seniorchef bereitet auch die Reform der Erbschaftsteuer Kummer. Was komme da bloß auf Familienunternehmen zu? „Die Diskussion darüber ist noch nicht abgeschlossen“, versichert die Juniorabgeordnete.

Noch einen Espresso, und weiter geht’s zur den Batterieforschern des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung. Dessen Chef Werner Tillmetz erklärt Ronja Schmitt nun, wie Lithium-Ionen-Batterien funktionieren. Er berichtet von Grafit und positiven und negativen Elektroden. Führt durch Test-, Misch- und Trockenräume. Spricht von Zellassemblierung und Elektrolytbefüllung. Und sagt am Schluss der Turboführung: „Die Politik hat fundamentale Fehler gemacht. Deutschland weigert sich bis heute, die neuen Autos zu subventionieren. Ich hoffe, dass nun mal Bewegung reinkommt.“ Ronja Schmitt lächelt nicht, als sie sagt: „Die Politik allein kann es nicht richten, es ist immer ein Zusammenspiel von vielen Kräften.“

Die Mitarbeiter sind angetan

Und jetzt rasch nach Erbach. Obwohl Ronja Schmitt fast eine halbe Stunde zu spät kommt, sind die Gastgeber nicht sauer. Sie lächeln, als die junge Frau aus ihrem Smart steigt und sich einen Weg über die Straße bahnt, die mit Personen- und Lastwagen verstopft ist. Eigentlich ist es ganz gut, dass Ronja Schmitt auf ihrer abendlichen Fahrt nach Erbach wegen der Blechmassen kaum vorankam. Hat sie immerhin gleich am eigenen Leib erlebt, wie schrecklich die Zustände sind. Kann sie umso vehementer in Berlin dafür kämpfen, dass die Stadt eine Umgehungsstraße bauen darf.

Eine Bürgerin sagt: „Ich finde es toll, dass Sie sich um uns kümmern.“ Sie tätschelt Ronja Schmitt die Schulter. Wahrscheinlich ein Reflex: junge Frau hat Großes vor, ältere Frau macht ihr Mut.

Die Masterarbeit muss nebenher laufen

Ronja Schmitts Karriereplan sah vor, dass sie in Italien, genauer gesagt in Pavia, ihre Masterarbeit über die Energieversorgung Indiens und Chinas schreibt. Nebenbei hätte sie Bewerbungen verschickt und schließlich eine gut dotierte Stelle in einem schwäbischen Unternehmen ergattert. Doch dann wurde aus der angehenden Ökonomin die nachrückende Politikerin. Ronja Schmitt beriet sich mit ihren Eltern, stellte sicher, dass sie ihre Abschlussarbeit auch von Berlin aus schreiben kann, und entschied dann, das Amt, wie sie sagt, „in Demut anzunehmen“. Ihre Fraktion entsandte sie in den Europa-Ausschuss und bestimmte sie zu einem der 64 Schriftführer, die an Sitzungstagen Protokoll führen.

Ronja Schmitt hat nun kaum noch Gelegenheit zum Joggen, keine Zeit mehr für spontane Treffen mit Freunden, und ihr WG-Zimmer in Moabit betritt sie oft nur zum Schlafen. „Es gibt schon sehr anstrengende Tage“, sagt sie. Und warum der ganze Stress? Weil, erklärt Ronja Schmitt bestimmt, sie die Interessen der Bürger im Wahlkreis 291 gut vertreten wolle. Und auch die Interessen der jungen Generation. Mütterrente, Betreuungsgeld, Bafög-Reform, Pflegegesetz, Haushaltsplan, erneuerbare Energien – hat alles Folgen für die Junioren von heute. „Ein Miteinander der Generationen ist mir ein zentrales Anliegen“, sagt Ronja Schmitt.

Erfahrene Helfer im Büro

Ihr Büro liegt zwischen Spree und Reichstagsgebäude im Paul-Löbe-Haus. Sechster Stock, Blick in den Himmel, zwischen Laptop und Telefon eine Orchidee und der VfB-Wimpel. Die Terminmappe auf dem Tisch ist so dick, als stecke ein halber Wald darin. Treffen am Leibniz-Institut, Gespräch mit dem italienischen Botschafter, Einladung zu Jens Weidmann. Was man halt macht, um Netze zu knüpfen. Dann noch die Fraktions-, Ausschuss- und Plenarsitzungen. Und bloß nicht zu vergessen: die Versammlung des CDU-Kreisverbandes in Ulm und die Nominierung des Kandidaten in Ehingen für die Landtagswahl. Wo zusagen? Wo absagen? Muss man klären – sobald Ronja Schmitt die Besuchergruppe aus dem Ländle verabschiedet hat.

Petra Trumpp leitet Ronja Schmitts Berliner Büro. Früher war sie die rechte Hand von Andreas Schockenhoff. Als Ronja Schmitt ihr einen Job anbot, zögerte Petra Trumpp. So jung, so unerfahren, so ganz am Anfang. Dann trafen sich die Frauen – und Petra Trumpp war angetan: „Sie redet Tacheles, ist aber trotzdem unheimlich menschlich.“ Christoph Tiné hat früher für den CSU-Haudegen Peter Gauweiler gearbeitet. Jetzt ist er Ronja Schmitts wissenschaftlicher Mitarbeiter und sehr froh darüber: „Ich will bei jemandem arbeiten, der etwas erreichen will.“ Schon klar: Petra Trumpp und Christoph Tiné müssen gut über die Frau reden, die sie Chefin nennen. Andererseits: was sie sagen, passt zu dem Bild, das ihre Weggefährten zeichnen.

Bei der Calwer Kreis-CDU schwärmen sie noch heute davon, wie Ronja Schmitt aus der müden Jungen Union eine präsente Gruppe gemacht hat, deren Mitgliederzahl sich in ihrer Amtszeit verdoppelte. Dort ist Ronja Schmitt eine kluge, hellwache junge Frau, die ein unglaubliches Tempo an den Tag legt. Also gar kein Küken.

Und beim Ring Christlich-Demokratischer Studenten ist unvergessen, wie Ronja Schmitt dem Verband nach jahrzehntelanger Absenz wieder einen Platz im Senat der Tübinger Uni verschafft hat. Dort ist Ronja Schmitt eine Persönlichkeit, die ausdauernd, zielorientiert und großartig arbeitet. Also gar nicht ahnungslos.

Hoffnung für Erbach

Ein paar Tage nach der Verkehrsbesichtigung in Erbach hat Ronja Schmitt einen Termin im Verkehrsministerium. Dem Parlamentarischen Staatssekretär schildert sie, wie „wirklich unerträglich“ die Belastung für die Bürger in der Stadt sei. Am besten, er schaue sich das mal mit eigenen Augen an. Das werde er tun, verspricht der Staatssekretär. Dass die Straße grundsätzlich notwendig ist, glaubt er schon jetzt.

Mal schauen, was aus den Sorgen des Mediziners Fegert, des Handwerkers Semler und des Forschers Tillmetz wird.

Im Deutschen Bundestag sitzen zurzeit 228 weibliche und 403 männliche Abgeordnete. Im Durchschnitt sind sie fast 50 Jahre. Politikwissenschaftler bekümmert dieses Alter – zu hoch. Doch die Öffentlichkeit jammert, wenn es eine Frau ins Hohe Haus schafft, die halb so alt ist wie der Durchschnittsabgeordnete.

Erscheint das nicht paradox?