Bei der Inspektion von Stromkabeln auf dem Meeresgrund machen norwegische Ingenieure eine aufsehenerregende Entdeckung: das deutsche Kriegsschiff „Karlsruhe“, das vor 80 Jahren mit unbekannter Position verloren ging.

Oslo - Vor der Südküste Norwegens ist das Wrack eines deutschen Kriegsschiffs aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Die „Karlsruhe“ war am 9. April 1940 von einem britischen Torpedo getroffen worden. „80 Jahre lang wusste niemand, wo das Schiff genau gesunken war“, sagte Frode Kvalø, Archäologe am Norwegischen Maritimen Museum, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Es sprach von einer „fantastischen Entdeckung“.

 

Die „Karlsruhe“ war Teil des sogenannten Unternehmens Weserübung – ein gezielter Angriff Nazi-Deutschlands auf norwegische Häfen am 9. April 1940. Sie war an der Eroberung von Kristiansand an der Südküste beteiligt. Als das Schiff noch am selben Tag mit der Hälfte der Mannschaft den Hafen wieder verließ, wurde es von einem Torpedo eines britischen U-Boots getroffen. Das Schiff wurde so schwer beschädigt, dass der Kapitän beschloss, es mit eigenen Torpedos zu versenken.

Seither liegt die „Karlsruhe“ am Meeresboden in etwa 500 Metern Tiefe. Sie war das einzige große deutsche Kriegsschiff, das während des Angriffs auf Norwegen mit unbekannter Position verloren ging. Ihr genaues Schicksal war lange ungeklärt. Vor drei Jahren machten Mitarbeiter des Stromversorgers Statnett dann eine Entdeckung: Bei der Überprüfung eines Unterwasserkabels zwischen Norwegen und Dänemark zeigte das Sonar einen Schatten an, nur 15 Meter vom Kabel entfernt.

Hakenkreuz erkennbar

Da Schiffswracks am Meeresboden in Norwegen nichts Ungewöhnliches sind, maß man der Sache zunächst nicht viel Bedeutung zu. Erst im Juni dieses Jahres hatte man Gelegenheit, sich den Schatten genauer zu betrachten. „Im Sommer mussten wir unsere Inspektionen der Kabel aussetzen, weil das Wetter zu schlecht war“, erzählt Olivia Knudsen von Stattnett. „Dadurch hatten wir Zeit, uns den Fund in der Nähe des Kabels näher anzusehen.“

Mit Hilfe eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs und mehrstrahligen Echoloten verschafften sich die Experten ein Bild von dem, was da auf dem Meeresgrund lag. Deutlich waren Kanonen an Deck zu erkennen. Ein Hakenkreuz ließ schließlich keinen Zweifel mehr aufkommen: Es handelte sich um die „Karlsruhe“.

„Der Bug ist weggesprengt, weil ein Torpedo die Munitionskammer traf“, berichtete der Archäologe Kvalø. „Aber sonst haben wir den Eindruck, dass das ursprünglich 175 Meter lange Schiff in einem guten Zustand ist.“ Überraschenderweise liege es mit dem Kiel auf dem Meeresgrund - und nicht auf der Seite, wie es sonst oft der Fall sei.

„Karlsruhe“ könnte auch ein Schiffsgrab sein

Der Forscher hofft nun, dass man mit dem Fund mehr über die Geschehnisse im April 1940 erfährt. Wenn geklärt ist, wem das Wrack nun gehört, kann es mit Hilfe von ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugen näher untersucht werden. Interessant sei, zu erfahren, welche Materialien im Meerwasser abgebaut wurden und welche nicht, so Kvalø. Außerdem könnte das Schiff noch große Mengen Öl geladen haben.

Dass die „Karlsruhe“ eines Tages gehoben wird, hält er für ausgeschlossen. „Das wäre zu teuer und die Konservierung eines so großen Metallboots zu schwierig.“ Unklar sei auch, ob die Soldaten, als sie das Schiff verließen, ihre bei dem Angriff getöteten Kameraden zurückließen. „Anhand der Kriegstagebücher wissen wir, dass 13 Männer dabei gestorben sind, aber wir wissen nicht, ob sie mit von Bord genommen wurden.“ Die „Karlsruhe“ könnte also auch ein Schiffsgrab sein.