Der Bioland-Hof auf der Kleincomburg bei Schwäbisch Hall wird geschlossen. Das Justizministerium verteidigt nun die damit verbundene Zerschlagung einer Herde geschützter Limpurger Rinder und die Verlegung der Milchkühe.

Schwäbisch Hall - Die Empörung über die von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) verfügte, unerwartete Schließung des Bioland-Hofs auf der Kleincomburg bei Schwäbisch Hall, einer Außenstelle der örtlichen Vollzugsanstalt, sowie der Außenstelle Crailsheim der Sozialtherapeutischen Anstalt Hohenasperg hält an. Über Parteigrenzen hinweg sind die drei Landtagsabgeordneten Nikolaos Sakellariou (SPD), Helmut Walter Rüeck (CDU) und Friedrich Bullinger (FDP) verärgert und enttäuscht darüber, dass der Minister sich vor der Entscheidung nicht des Sachverstands der Region bedient hatte.

 

Alle drei hatten Anfragen an den Minister gestellt, deren Antwort sie ebenfalls nicht zufrieden stellt. „Es gibt keine Aussagen zu einer Weiternutzung der Gebäude und der landwirtschaftlichen Flächen“, moniert Bullinger. „Jetzt müssen wir hinterherhecheln“, ärgert sich Sakellariou und wirft dem Minister und Parteikollegen vor, nicht die bestmögliche Lösung in Gesprächen vor Ort gesucht zu haben. Dabei geht es insbesondere um die Herde Limpurger Rinder, einer bedrohten alten Rasse.

Der Weideochse vom Limpurger als geschützte Ursprungsbezeichnung

Der „Weideochse vom Limpurger“ ist seit September 2013 von der EU-Kommission in die sogenannte geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) aufgenommen worden. Allerdings müssen für die Fleischvermarktung mit diesem Label Regeln eingehalten werden. Die Tiere müssen in der definierten Region geboren, aufgewachsen, gehalten, geschlachtet und zerlegt werden. Zu diesem Gebiet gehören die fünf Landkreise Schwäbisch Hall, Hohenlohekreis, Main-Tauber-Kreis, Ostalbkreis, Rems-Murr-Kreis sowie die Gemeinden Wüstenrot und Löwenstein (Landkreis Heilbronn) und Hardheim im Neckar-Odenwald-Kreis. Die Limpurger Herde soll nun vom Hof auf der Kleincomburg auf eine andere landwirtschaftliche Außenstelle im offenen Vollzug, auf den Hochrainhof der JVA Heilbronn verlegt werden. Dieser aber liegt außerhalb des von der EU definierten Gebiets. „Für das Ministerium sind das wohl nur Rindviecher, für uns ist das die schützenswerte Limpurger Rasse“, zürnt Sakellariou. Auch der CDU-Abgeordnete Rüeck meint, dass das Justizministerium wohl die Bedeutung der Herde „nicht erkannt, unterschätzt oder ignoriert“ hat.

Das weist ein Sprecher Stickelbergers zurück. Die Züchtervereinigung Limpurger Rind habe „keine Bedenken“ gegen die Unterbringung der Tiere auf dem Hohrainhof gehabt. Auch der Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne), der stets die Regionalität von Lebensmitteln betont und das „kulinarische Erbe“ im Genießerland Baden-Württemberg (aktuell wurde jetzt der Fränkische Grünkern von der EU als geschützte Ursprungsbezeichnung anerkannt) bewahren will, sieht keine Probleme. Das Limpurger Rind sei eine „Zwei-Nutzrasse“, erklärt die Sprecherin. Zwar entfalle nach der Verlegung der Herde die Fleischvermarktung für den geschützten „Weideochsen“. Für den Erhalt der Rasse und für die Zucht seien allerdings auch die Milchkühe von großer Bedeutung. Diese seien bei der Michleistungsprüfung erfasst und lieferten wertvolle Daten. „Das Gen-Reservoir der geschützten Rasse bleibt auch auf dem Hohrainhof erhalten“, betont man im Agrarressort. Zudem könnte man auch mit dem Nachwuchs weiter züchten, die Kälber könnten ins Schutzgebiet verkauft werden. Deren männlicher Nachwuchs wiederum würde dann den Titel „Weideochse“ führen. Der Justizminister jedenfalls will Rinderzüchter bleiben, obwohl ein Landwirt aus der Region angeboten hatte, die ganze Herde zu kaufen. „Die Entscheidung ist getroffen“, heißt es aus dem Justizressort.

14 Tiere sollen auch künftig nahe der Comburg weiden

18 Mastochsen sollen auch nach dem Schließungstermin am 1. Mai auf der Kleincomburg bleiben und anschließend an Züchter aus der Region verkauft werden. In den nächsten Tagen werden dann 17 Milchkühe und 13 Rinder auf den Hohrainhof verlegt. 14 Tiere will ein in der Region Kleincomburg ansässiger Landwirt übernehmen, der auch landwirtschaftliche Flächen des JVA-Hofes pachten wolle. Er hat bereits versichert, „den Anblick der Limpurger auf den Weiden der Kleincomburg erhalten“ zu wollen.