Herr Schulig, wie kommen Sie eigentlich damit zurecht, dass Ihr Kollege Gaedt auf der Bühne und auch in Gesprächen immer im Vordergrund steht?
Gaedt Ich hole jetzt mal Milch (geht ab).
Schulig Ich glaube, dass es schwer wäre, wenn zwei Leute vorne stehen wollten. Ich hatte einen großen Bruder, und da lernt man, sich einzuordnen. Ich bin nicht der Laute, ich bin der Leisere. Wir haben bei der Tierschau zum Beispiel zwei Dobro-Resonanzgitarren. Michaels Dobro ist doppelt so laut wie meine. Das liegt in den Genen. (zu Gaedt, der mit der Milch zurückkommt:) Ich hab nicht groß über dich hergezogen.
Gaedt Ich werd’s ja lesen! Aber im Ernst: wenn wir beide Tierschau machen, verhalten wir uns halt Tierschau-mäßig. Aber eigentlich bin ich ernsthaft und grüblerisch, und oft ärgere ich mich, dass ich zu viel erzähle.

Was hat die Kleine Tierschau seit letztem September, seit dem Ende des Sommerprogramms, eigentlich so gemacht?
Gaedt Aufgrund der Entscheidung, das Sommerspecial zu machen, haben wir darauf geachtet, in Stuttgart nicht so präsent zu sein. Wir haben Unterricht genommen und waren auf Urlaub in Las Vegas. Und so ein neues Programm ist einfach viel Arbeit.

Heißt das, dass man von drei Wochen Sommerprogramm ein Jahr lang leben kann?
Gaedt Noi.
Schulig Aber wir haben ja auch Gattinnen. Es ist bei der Kleinen Tierschau wie bei einer normalen Musikerkarriere.
Gaedt Aber da gehen wir jetzt nicht ins Detail, das interessiert keinen: Ich will auch das Bindegewebe von Madonna nicht sehen! Es interessiert mich nicht. Ich will auch nicht wissen, ob Lady Gaga Zahnschmerzen hat.

Gibt es eigentlich etwas, das Ihre Spektakel-Musikcomedy in einer krisengebeutelten Welt leisten sollte?
Gaedt Immer noch Alternativen aufzeigen! Es geht auch anders! Das ist der große Witz an dem, was wir machen.

Auf welche Weise zeigt Die Kleine Tierschau beispielsweise wirtschaftspolitische Alternativen auf?
Gaedt Wenn Sie wüssten, wie wir wirtschaften, würden Sie wahrscheinlich sagen: Das sind wirklich Alternativen. (lacht). Wir haben doch nicht mal das Geld, vier Wochen lang kontinuierlich jeden Tag ordentlich in einer Halle zu proben.
Schulig (lacht) Vielleicht machen wir inzwischen auch Fronttheater, man weiß ja nicht genau, wo die Front gerade verläuft.
Gaedt Aber auf so eine geschmacklose Idee, wie Portugal, Italien, Griechenland und Spanien als „Pigs“ abzukürzen, wären wir nie gekommen. Ich hätte meinen Beruf gerne sauber gehalten: Es kotzt mich an, dass jeder Witzle und Späßle macht. Irgendwann ist der Witz vorbei. Und ich finde nicht, dass man im Plenum des Bundestags schlechte Witze erzählen sollte. Das ist nämlich eigentlich mein Job.

Birgt dieser Job eine gesellschaftliche Verpflichtung in puncto Aufklärung?
Schulig Wir haben es noch nie geschafft, ernste Themen auf die Bühne zu bringen. Wir kriegen es einfach nicht hin.
Gaedt Auch deshalb, weil die Realität um so vieles irrer ist: Es will mir zum Beispiel einfach nicht in den Kopf hinein, wie der Vizepräsident des World Wildlife Fund ein Nashorn über den Haufen schießt. Da bin ich einfach fassungslos.

Letzte Frage: Warum sollen die Leute von morgen an Ihr heißes Zelt auf dem Marienplatz besuchen?
Gaedt Weil Stuttgart ohne Die Kleine Tierschau nur halb so schön ist.
Schulig Alle, die es verpasst haben, bei fünfzig Grad in der Südsee zu brutzeln, können das bei uns mit Spaß nachholen.
Gaedt Think global, watch local!