Warum sich Manager Michael Reschke erst schützend vor Tayfun Korkut stellte, ihn dann aber doch entließ. Die Geschichte einer erwartbaren, aber merkwürdigen Trennung.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Wer Tayfun Korkut in den vergangenen Monaten erlebt hat, begegnete einem meist in sich ruhenden Menschen. Ob Sieg oder Niederlage – der 44-Jährige ließ die Aufgeregtheiten der Branche regelmäßig an sich abprallen. In den vergangenen Wochen nahm die Anspannung bei Korkut aber spürbar zu.

 

Nach der 1:3-Niederlage in Hannover wirkte er ausgepowert, fahrig. In seiner letzten Pressekonferenz nach dem Spiel leistete sich der Trainer des VfB Stuttgart einen seiner seltenen Versprecher, als er meinte, die zweite Halbzeit sei im Vergleich zur ersten „wie Tag und Nacht“ gewesen. Und ausschlaggebend dafür, „dass wir das Spiel gewonnen, äh, verloren haben“.

In Dietrichs Haus senkten die Clubbosse den Daumen

Korkut wirkte nicht mehr zwingend wie derjenige, der in der schwierigen Lage mit fünf Punkten aus sieben Spielen und dem Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz den „Bock noch umstoßen“ könne, wie es Manager Michael Reschke nach dem Spiel in Hannover formuliert hatte – und damit keinen anderen als Tayfun Korkut meinte. Denn: „Eine Trainerdiskussion führen wir nicht.“ Das klang nach dem Spiel und dem Eindruck einer desaströsen ersten Hälfte zwar überraschend, aber auch glaubhaft. Weil Reschke betonte: „Ich bin überzeugt davon, dass wir alle gemeinsam da unten rauskommen.“

Sonderlich lange hielt diese Überzeugung nicht. Noch vor dem Rückflug am Abend vereinbarten Präsident Wolfgang Dietrich und Reschke eine sportliche Bestandsaufnahme. Zu der sich zu später Stunde auch noch die beiden Vorstände Stefan Heim und Jochen Röttgermann sowie der Kommunikationsdirektor Oliver Schraft in Dietrichs Haus gesellten. Wo allen Beteiligten schließlich schnell klar wurde, dass es mit Korkut nicht weitergehen könne. „Wir standen unter Druck“, sagte Dietrich. Weshalb Reschke die kurze Trainerdiskussion am Sonntagmorgen wie folgt bilanzierte: „Wir hatten das Gefühl, dass das Risiko größer war als die Hoffnung.“ Womit er kaum Widerspruch erntete, sich aber in Erklärungsnöte brachte – hatte er das Thema Trainerwechsel doch am Abend in Hannover noch abgewürgt. „Es wäre schlecht gewesen, es anders zu machen“, rechtfertigte der Manager seine Worte nach dem Spiel. Die Logik dahinter: Schwammige Aussagen hätten die Diskussionen über den Abend hinweg entfacht – das wollte er dem Verein und auch Korkut ersparen. Als professionell werteten die Cluboberen an der Mercedesstraße Reschkes Vorgehen, das in der Öffentlichkeit als eher unglaubwürdig rüberkam.

Anders als Hannes Wolf glaubte Korkut noch an die Wende

Korkut jedenfalls habe seine Entlassung aufrecht hingenommen, berichtete Reschke. Anders als Trainervorgänger Hannes Wolf, dem nach Darstellung der Vereinsführung der Glauben am Ende selbst abhanden gekommen war, lebte in Korkut die Überzeugung, das Ruder noch herumreißen zu können, fort. Doch war er mit seinem Glauben alleine.

In drei „nicht vergnügungssteuerpflichtigen Telefonaten“ (Reschke) teilte der Manager Korkut und seinen beiden Assistenten Ilja Aracic und Steven Cherundolo ihre Demission am Sonntagmorgen mit. Um kurz nach 9 Uhr versandte der Club die Pressemitteilung zur Freistellung des Trainerteams. Korkut war am Sonntag nicht mehr auf dem Vereinsgelände zu sehen. Er wird sich wohl Anfang dieser Woche von der Mannschaft verabschieden. Und anschließend seine Kräfte sammeln, um bald wieder der Alte zu sein.