„Absurd“ nennt der Stalking-Experte Hafner diesen langen Zeitraum. Zumindest einen Teil der Vorfälle müsse man vorab zur Anklage bringen. Anna bleibt so nur die zweite Variante: Beim Amtsgericht Ludwigsburg wegen jedes einzelnen Verstoßes ein Ordnungsgeld von einigen Hundert Euro gegen ihren ExMann zu beantragen. Dazu rät Hafner Stalking-Opfern generell. „Grundsätzlich kann man sagen, das Gewaltschutzgesetz funktioniert – wenn es die Richter auch anwenden.“ Wolf-Peter Schmid hat im Auftrag von Anna nun für drei Vorfälle Ende April ein solches Strafgeld beantragt. „Bei allem, was wir tun, ist die Frage, ob es die Situation verbessert oder verschlechtert“, sagt er. „Aber schlechter kann es eigentlich nicht werden.“

 

Über Wochen hinweg hatte zuvor bei Annas Familie nachts das Telefon geklingelt: unbekannter Anrufer. Für rund 80 Euro ließ der Vater eine Fangschaltung auf eigene Kosten legen: Die Anrufe kamen aus einer Telefonzelle an der Ludwigsburger Wilhelmgalerie. Nicht weit entfernt von der ehemals gemeinsamen Wohnung, das ist aber noch kein Beweis. Ein anderes Mal tauchte Adam bei Annas Tante auf, um sie über einen angeblichen neuen Freund seine Ex-Frau auszufragen. Sie vermutet, dass er deshalb wieder aktiver wurde, weil das Annäherungsverbot zunächst nur bis Ende April gegolten hatte. Inzwischen hat es das Gericht um ein halbes Jahr verlängert.

Ruhe ist nicht eingekehrt: Ende Mai dröhnte mehrmals spätabends albanische Musik über die Straße vor dem Haus von Annas Familie. Als sie das Handy ans Fenster hielt, um den Ex-Mann in seinem Wagen zu filmen, brauste er  davon. „Dafür interessierte sich die Polizei dann sehr“, erzählt Anna nicht ohne einen Anflug von Bitterkeit. „Er hat nämlich anscheinend gerade keinen Führerschein.“

Und so geht es jetzt eben weiter. Anna versucht, sich die tägliche Belastung nicht groß anmerken zu lassen. „Es nutzt ja nichts. Ich sage mir, wenn er mich wirklich umbringen wollte, hätte er es schon getan.“