Beim Konzert der Liga der gewöhnlichen Gentlemen im Club Schocken geht es um Schmuddelkino, Abstiegskampf und Rock-Pop national. Ja, das ist was für Leute, die Kalauer und Ironie mögen. Oder einfach gute Unterhaltung.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen hat sich zwar erst vor zwei Jahren gegründet, aber eigentlich gibt es diese Band schon seit 1996. Damals und bis 2012 unter dem Namen Superpunk aktiv, machten Sänger Carsten Friedrichs und Bassist Tim Jürgens nach Auflösung der alten Truppe einfach mit einer neuen weiter – und mit demselben musikalischen Konzept. In Stuttgart mag man diese Truppe, bei der der Bandname keine Band- und auch keine Genrebeschreibung ist, ziemlich gern. Beim Superpunk-Abschlusskonzert vor zwei Jahren war es jedenfalls ziemlich voll im Schocken.

 

An selber Stelle steht am Donnerstagabend die Liga der gewöhnlichen Gentlemen auf der Bühne. Der Bandname wieder voller Anspielungen, das Outfit ergibt sich per zufälligem Griff in den Koffer, die Musik – Northern Soul, Pop, Rock, Mod, vielleicht auch alles zusammen, oder, mit dem Titel des gleichnamigen Liga-Songs: „Pop-Rock national“. National natürlich nur deshalb, weil hier deutschsprachige Texte auf eine Musik gesungen werden, die ursprünglich aus dem englischsprachigen Raum kommt.

Jedenfalls ist diese Truppe so etwas wie der alte Kumpel, der einmal im Jahr in der Stadt ist und mit dem man sich dann auf ein Bier (oder eine Cola light) trifft. Anders als beim Superpunk-Abschied ist die Galerie im Schocken diesmal völlig verwaist. Macht aber nichts. So können musikbloggende Fotografen viel leichter den ganzen Laden von oben aufnehmen, und hey: in echten Kneipen gibt’s auch keinen ersten Stock.

Und immer wieder Fußball

Neben Alltagsgeschichten und Storys zur männlichen Identität kultiviert die Liga auch das Thema Fußball weiterhin. Der Song „Nimm mich mit zum Spiel“ vom ersten Album „Jeder auf Erden ist wunderschön“ hat manchen Fußballfan für die Liga eingenommen. Weiteres Themengebiet: schmuddeliges Wessi-Kino. Die aktuelle Platte „Alle Ampeln auf Gelb!“ beginnt mit einer Hommage an den Schauspieler Werner Enke, der auf einer Fanseite im Netz als „der deutsche Kino-Anti-Held“ bezeichnet wird. Jedenfalls spielte er mit Uschi Glas in dem Film „Zur Sache, Schätzchen“ und wird für diesen wie auch seine anderen Filme von Superpunk verehrt. Und auch Dr. Fritz Fassbender ist auf dem neuen Album ein Song gewidmet.

Hier stehen also große Verehrer von Trash und schrägem Humor auf der Bühne. Was man sieht: Das schelmische Grinsen weicht Carsten Friedrichs quasi nicht von den Lippen. Ja, hier geht es ironisch zu, selbstironisch vor allen Dingen – zum Beispiel wenn der HSV-Fan Friedrichs immer den Keyboarder Gunther Buskies (mit hell leuchtendem Smartphone auf der Orgel!) fragt, wie’s denn beim ersten Relegationsspiel der Hamburger gegen Fürth stehe. „Dass einen das im fortgeschrittenen Alter noch so beschäftigt“, sagt Friedrichs grinsend und wirkt dabei noch jünger und lausbubiger als er ohnehin schon aussieht.

Oder, gegen Ende des Abends: „Timing ist eine Stadt in China.“ Ja, der braucht eine Weile, bis er kommt. Aber wer auf ein Konzert der Liga der gewöhnlichen Gentlemen geht oder vielleicht früher auf eines von Superpunk gegangen ist, der dürfte für diese Art von Humor zugänglich sein.

Kleine Wackler, verziehen

Schön an dieser kalauernden Selbstironie ist, dass sie tatsächlich eine musikalische Schwäche des Abends anspricht. Manchmal rumpelt der Groove doch arg. Schon klar, links antäuschen und rechts vorbei ist eine alte Fußballerweisheit. Aber Friedrichs und Co. deuten das einfach in ihrem Sinne um: Ja, ist nicht ganz sauber, aber genau so gewollt.

Die kleinen Wackler verzeiht man dieser Truppe gern. Nicht nur weil sie tatsächlich zu dieser Musik passen. Sondern weil es ja geradezu absurd wäre, wenn diese Quatschköpfe ihre auf der Tour oftmals in Kneipenatmosphäre vorgetragene Kneipenmusik perfekt spielen würden.

Ooh, ooh

Das kennt man ja schon von Superpunk, und am Sound hat sich nur wenig geändert. Sollte ja auch nicht. Immerhin gibt es jetzt mit Philip Andernach auch jemand, der Saxofon spielt und überdies eine sichtbar schweißtreibende Performance als Gegenstück zum eher staksigen Frontmann hinlegt. Und Andernach macht gemeinsam mit Bassist Tim Jürgens auch einen auf „ooh ooh“, Hintergrundgesang vielleicht nicht mit Motown-Qualität, aber eben doch wichtig fürs Mitschnipp-Feeling. Auf Platte hat man da ein paar mehr Möglichkeiten, das wirklich auszuproduzieren und live ist die Orgel ein bisschen arg in den Hintergrund gedrängt, aber hey: Spaß macht’s, und darauf kommt’s an.

Der Abend endet mit „Coverversionen“ der Superpunk-Songs „Das waren Mods“ und „Man kann einen ehrlichen Mann nicht auf seine Knie zwingen“ und dem Bernd-Begemann-Cover „Viel zu glücklich (um es lange zu bleiben)“. Dieses Konzert der Liga bietet gute Unterhaltung. Wenn sie ihren Rhythmus halten, kommt die Band nächstes Jahr wieder nach Stuttgart. Man wird wieder hingehen, denn den guten alten Kumpel lässt man ja auch nicht sitzen.