Eingeklemmt zwischen neuer und alter Konkurrenz kämpft die vom Personalstreit ermattete Linke ums Überleben.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die Wahlen vom Wochenende haben gezeigt, dass die Menschen diese Art der Europapolitik nicht mehr wollen.“ Das hat Sahra Wagenknecht, die Vizevorsitzende der Linksfraktion, am Dienstag bei einer Pressekonferenz gesagt. Sie begründete damit, dass die Linke beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Fiskalpakt einreichen will. Um zu Frau Wagenknechts Urteil zu kommen, muss man allerdings ins Ausland schauen – nach Frankreich, wo seit Langem erstmals wieder ein Sozialist ins Präsidentenamt gewählt wurde, und nach Griechenland, wo die radikale Linke am Montag den Auftrag zur Regierungsbildung erhielt.

 

Die deutschen Wahlen geben eine solche Hochkonjunktur für die Linke ganz und gar nicht her. Bei der Wahl in Schleswig-Holstein sind sie mit 2,2 Prozent fast schon spektakulär aus dem Landtag geflogen. Die Umfragen in Nordrhein-Westfalen sehen die Partei ebenfalls im Abwärtstrend und unter der Fünf-Prozent-Hürde. Ausgezählt wird natürlich erst, wenn die Wahllokale am Sonntag geschlossen sind: Aber dass die Linke wieder in den Düsseldorfer Landtag einzieht, ist mindestens ungewiss.

Der Höhenflug der Linken ist vorbei

Der Parteivorsitzende Klaus Ernst wollte das Ergebnis im Norden am Tag nach der Wahl natürlich nicht als Anfang vom Ende der Linkspartei im Westen Deutschlands bewerten. Er sprach lediglich von einem Rückschlag und machte dafür zudem hausgemachte Gründe geltend: die Querelen um die ungelöste Führungsfrage der Partei. „Wir müssen noch lernen, dass man nicht gewinnen kann, wenn ein Teil aufs eigene Tor schießt“, sagte er durchaus vorwurfsvoll in Richtung eigene Reihen. Allerdings wird den Genossen in Dunkelrot die kritische Debatte über ihre Führung fast schon verwehrt, seit die bisherige Parteispitze – Klaus Ernst und die vor kurzem aus privaten Gründen zurückgetretene Gesine Lötsch – vor zwei Jahren gewählt worden ist. Immerhin räumte Ernst inzwischen ein: „Wir haben im Westen nicht die Performance, die wir gerne hätten.“

Tatsächlich ist der Höhenflug, zu dem die Linkspartei nach der Bundestagswahl 2009 im Westen zunächst startete, schon seit einiger Zeit wieder vorbei. 2011 scheiterten die Linken bei der Eroberung der Landesparlamente in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das Ergebnis im Saarland, wo vor eineinhalb Monaten ein neuer Landtag gewählt wurde, fiel im Vergleich zu anderen Westländern mit 16,1 Prozent zwar nahezu fürstlich aus. Tatsächlich hat die Linke aber auch dort fünf Prozent eingebüßt – obwohl mit Oskar Lafontaine als Spitzenkandidat genau jenes Zugpferd am Start war, an das jetzt wieder viele bundespolitische Hoffnungen geknüpft werden; und obwohl die Linke sich an der Saar leicht als einzig wahre Oppositionspartei profilieren konnte, weil CDU und SPD von vornherein einen großkoalitionären Wahlkampf geführt haben.

Die Piraten knabbern an der Klientel der Linkspartei

Das sind trübe Aussichten auch für den Bund. Man kann darüber streiten, was mehr zum Abschwung beigetragen hat: die ewig vertagte Führungsfrage, in der Lafontaines Abwarten-Diktat die Machtlosigkeit der Restpartei unübersehbar gemacht hat; die ungelösten Ost-West-Differenzen, oder der Streit um den Kurs zwischen Regierungsbeteiligung und Radikalopposition.

Abgesehen davon ist der Linken in den Piraten eine virile und ziemlich anziehende Konkurrenz als Protestpartei erwachsen. Und seit die SPD in Berlin nicht mehr regiert, ist die Partei vom erst strammen, dann großkoalitionär gemilderten Agendakurs wieder weiter in die linke Mitte gerückt. Auch diese Bewegung knabbert an der für die Linke erreichbaren Klientel. – Die saarländische Abgeordnete Pia Döring mag nur ein Einzelfall sein: Sie wurde als Linke in den Landtag gewählt und wechselte kurz danach zur SPD, der sie zuvor schon einmal 28 Jahre angehört hatte. Sie begründete ihren Schritt damit, dass sich die SPD wieder in die richtige Richtung bewege und die nächsten Jahre für das Saarland entscheidend seien. Das kann, das muss aber kein Einzelfall bleiben.