Der Handball-Bundesligist Rhein-Neckar Löwen aus Mannheim feiert den ersten Titel in seiner Vereinsgeschichte. In Nantes holte die Mannschaft den EHF-Cup durch einen 26:24-Sieg über den französischen Gastgeber. Göppingen wurde nur Vierter.

Nantes - Uwe Gensheimer ist dort, wo er gerade stand, einfach zusammenklappt. Der Kapitän des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen war derart überwältigt, dass er nach dem Schlusspfiff beinahe den Boden des Palais des Sports im französischen Nantes geküsst hätte. Den Boden, auf dem die Löwen am Sonntag mit einem 26:24-(16:12-)Erfolg im Finale gegen den HBC Nantes vor 5000 Zuschauern EHF-Cupsieger 2013 wurden. „Ich bin seit zehn Jahren in diesem Verein, stand viermal in einem Pokalfinale und musste bis jetzt auf einen Titel warten“, sagte Gensheimer, der zuvor ein überragendes Tagwerk verrichtet hatte.

 

Das war keineswegs zu erwarten, denn erst vor einer Woche kehrte der Nationalspieler, der sich vor sechs Monaten die Achillessehne gerissen hatte, aufs Spielfeld zurück. Deshalb war es beeindruckend, dass der 26 Jahre alte Linksaußen bei seinem Comeback der erfolgreichste Schütze des Finales (10/4) war – wobei er nur rund 20 Minuten auf dem Feld stand. „Es ist ein großer Moment, dass er wieder spielt. Er war extrem wichtig für uns“, sagte der Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson.

Nicht nur er. Auch der Torhüter Goran Stoijanovic und der Kreisläufer Bjarte Myrhol (6 Tore) ragten heraus. Der Schlüssel zum Erfolg war indes die Abwehrarbeit – wie schon beim 28:22-(17:12-)Sieg im Halbfinale gegen Frisch Auf Göppingen. Der Cupgewinn war zudem das Resultat von guten Nerven, nur in der Endphase (25:23) wurde es eng. Denn Nantes, das auf seinen verletzten spanischen Weltmeister Alberto Entrerrios verzichten musste, ließ nichts unversucht, den Heimvorteil zu nutzen, zwei penetrante Moderatoren hielten die Zuschauer auf Betriebstemperatur – und auch Thorsten Storm. Im Hexenkessel von Nantes wischte sich der Manager mit dem mitgebrachten Sieger-Shirt zunächst den Schweiß von der Stirn und dann den Champagner vom Hemd. „Wir haben das so wahnsinnig verdient“, sagte er. Und auch Gudmundsson sieht den Cupgewinn auch als „Belohnung für unsere Arbeit. Alle haben darauf gewartet. Wir waren jetzt dran“.

Der erste Titel nach zehn Jahren

Der neue Pokal wird in Mannheim als Symbol für eine neue Ära aufgestellt werden. Die begann mit einer gewaltigen Zäsur, als im Sommer vergangenen Jahres der Hauptsponsor und Aufsichtsratsvorsitzende Jesper Nielsen den Löwen den Rücken kehrte. Der dänische Schmuckhändler, einst millionenschwer, der große Visionen pflegte und sich auch immer wieder in den sportlichen Bereich einmischte, war pleite. Der Etat wurde auf 5,5 Millionen Euro eingedampft, die Mannschaft umgebaut.

Gudmundsson formte ein Team, auch mit jungen, abwehrstarken Spielern. Das überraschte in der Liga – und hat nun das erreicht, was die teuren Starensembles in den vergangenen Jahren vergeblich versuchten: Den ersten Titel für den Club aus Mannheim, der vor zehn Jahren aus der SG Kronau-Östringen hervorgegangen ist.

Problematisches Verhältnis zum EHF

Diese Sehnsucht ist nun erfüllt – auch wenn es der Gewinn eines Wettbewerbs ist, zu dem die Löwen ein problematisches Verhältnis entwickelt hatten. Dass im EHF-Cup kein Geld zu verdienen sei, hat Thorsten Storm mehrfach betont, die 100 000 Euro Siegprämie sind da nur ein kleines Trostpflaster. Die Tatsache, dass der Gruppenzweite Nantes als Final-Four-Gastgeber den Halbfinaleinzug geschenkt bekam und die Löwen stattdessen im Duell zweier souveräner Gruppensieger erst den SC Magdeburg ausschalten mussten, sorgte für großen Unmut. „Daran ändert ja auch der Sieg nichts,“ sagt Storm, „da muss man sich nochmals zusammensetzen.“

Der Fokus in Mannheim richtet sich indes auf eine andere Dimension. Mit einem Bein steht der Club als Tabellenzweiter der Bundesliga dicht vor der Qualifikation zur Champions League. Ganz abgehakt ist die aktuelle Pokalgeschichte indes noch nicht. „Wir müssen uns jetzt erst einmal eine Vitrine besorgen“, sagte Storm, „bisher haben wir die ja noch nicht gebraucht.“